Bild: MOMMY

14. Filmkunstmesse

15.09.–19.09.2014

Feinkost, Kinobar Prager Frühling, Passage, Schauburg

Superlative, Staraufgebot und Sloganfreiheit

Ein Blick auf die 14. Filmkunstmesse

Kurz vor dem halben Jubiläum präsentiert sich die Filmkunstmesse Leipzig im dezenten Look: Entschlackt wirkt das Plakat, auf einen knackigen Slogan wurde verzichtet. Hinter den Kulissen ebenfalls fleißiges Werkeln, davon bemerkt der Zuschauer an sich erst mal nichts, aber die Macher wollen wie gewohnt und mehr denn je dem Umstand Rechnung tragen, daß hier Ideen ihre Laufbahn beginnen. Leipzig als Ausgangspunkt für langfristige Entscheidungen!

Folgerichtig liegt ein Fokus auf dem Nachwuchs, was sowohl Publikum als auch Kinobetreiber meint, zu diskutierende Themen stellen exemplarisch Schritte zur Übernahme bestehender Häuser durch jüngere Nachfolger, wenn der jetzige Chef in den Ruhestand geht, bessere Wahrnehmung von Kinder- und Jugendfilmen oder unverändert technische Belange dar, wobei die Richtung von ehemals Digitalisierungsfragen hin zu Barrierefreiheit oder Möglichkeiten des Ticketings geht. Austausch und Kommunikation heißen da die Zauberwörter, Fachbesucher sollen gemeinsam Lösungen erarbeiten, Impulse senden und erhalten, nicht einzelne Süppchen kochen.

Die stetig wachsende Zahl der entsprechenden Anmeldungen spricht eine deutliche Sprache. Und was erwartet die Leipziger? Christian Bräuer, Vorstandsvorsitzender der AG Kino Gilde, glaubt: weniger eine Messe, mehr ein Festival. Regelmäßige Gäste wissen um die öffentlichen Previews weit vor Kinostart, anno 2014 geschlagene 36 an der Zahl. Besonders interessant und das obige Statement durchaus rechtfertigend: Darunter findet man fünf Deutschlandpremieren von in Cannes vorgestellten Filmen, gleichsam Teilnehmer der Berlinale oder Venedig.

Untersuchen wir nachfolgend kurz ein Programm, das laut Koordinatorin Hendrike Bake „vielleicht am besten von allen bisherigen Jahren“ betitelt sein darf. Bereits den eröffnenden Anfang machen drei sehr ansprechende Werke, konkret MOMMY, der neueste Streich des Regie-Wunderkindes Xavier Dolan, AM SONNTAG BIST DU TOT, in dem Brendan Gleeson seinen eigenen Mörder in spe jagt, sowie EINER NACH DEM ANDEREN, eine beißende Sozialsatire von Hans Petter Moland, dessen EIN MANN VON WELT den Publikumspreis der Filmkunstmesse 2010 erhielt.

Weitere Highlights herauszupicken, wäre unfair, daher hier bloß eine unvollständige Namensliste – man kann sich etwa freuen auf Isabelle Huppert, Juliette Binoche, Nick Cave, Kristin Scott Thomas, Chloë Grace Moretz, Jürgen Vogel, Michelle Yeoh, Valeria Bruni-Tedeschi, Monica Bellucci, Woody Allen, Christoph Waltz, Tilda Swinton und viele andere ...

Im bewährten Midnight Special lockt überdies Terry Gilliams THE ZERO THEOREM mit cineastischer Schräglage, und selbstredend gibt’s hohen Besuch. Zum Beispiel stellt Eckhard Preuß seine BOCKSPRÜNGE vor, Ronald Zehrfeld präsentiert WIR WAREN KÖNIGE, einen Hauch Hollywood sollte schließlich Zach Braff verbreiten. Er hat zehn Jahre nach GARDEN STATE die Tragikomödie WISH I WAS HERE gedreht, mimt darin einen erfolglosen Schauspieler, der plötzlich dem Sterben seines Vaters begegnen muß. Eine so rührende wie erstaunlich witzige Produktion, offeriert von Braff höchstpersönlich.

Jugendjury, Publikumspreisverleihung inklusive erneuter Vorführung des Gewinners (Open Air auf der Feinkost!), die finale Best Of-Zusammenstellung, Vorfilmtest oder Kinderkinospecial sind gesetzte Größen, haben ergo keine lange Erwähnung nötig. Eigentlich klar zudem, was wir sagen möchten: Ob Messe oder Festival, Hingehen bleibt Pflicht!

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...