Bild: THE BIG SICK

17. Filmkunstmesse

25.09.–29.09.2017

Cineplex, Kinobar Prager Frühling, Passage, Schauburg

www.filmkunstmesse.de

Mit Premierenvielfalt in eine brummende Zukunft

Ein Blick auf die 17. Filmkunstmesse

Wenn die diesjährige Ausgabe der größten deutschsprachigen Plattform für die Arthouse-Branche beginnt, hat ein teils regnerischer Sommer gerade seinen Hut genommen. Im September wird’s dann erneut feucht, vor allem tränt das cineastische Auge voller Glückseligkeit beim Betrachten des öffentlichen Messe-Programms. Vor der Kamera tummeln sich da nämlich beispielsweise Holly Hunter, Cécile de France, Ethan Hawke, Juliette Binoche, Valeria Bruni Tedeschi, Gérard Depardieu oder Judi Dench, auf den Regiestühlen nahmen unter anderem Philippe Lioret, Claire Denis und Stephen Frears Platz.

Über 30 Previews locken das Leipziger Publikum, zur Eröffnung geht’s um verschiedentliches Finden der Liebe: In der Kinobar läuft die großartig schrägemotionale Komödie THE BIG SICK und zeigt eine Zuneigung zwischen Culture Clash, Krankheit und sturem Singlestatus. EINE BRETONISCHE LIEBE beleuchtet parallel die Schauburg – ein Witwer sucht nach dem leiblichen Vater und spürt nicht bloß ihn auf, sondern provoziert zudem einiges Gefühlschaos. Auf nächtliche Reisen schickt hingegen die Passage ARTHUR & CLAIRE, ein lebensmüdes Außenseiterpärchen. Hauptdarsteller Josef Hader stellt den gleichsam klugen wie schwarzhumorigen Trip persönlich vor. Überhaupt sollen standesgemäß viele Gäste das schöne Leipzig beehren, eine ganze Reihe Vorführungen finden in Anwesenheit Filmschaffender statt.

Nennen wir kurz noch ein paar Highlights, welche Vorfreude wecken: Da gibt’s den Coen-Klassiker BLOOD SIMPLE restauriert zu sehen. Hinter dem schönen Titel FIKKEFUCHS verbergen sich demontierte Manns- und Männerbilder. Agnieszka Holland überrascht, hat sie doch den subversiven Thriller DIE SPUR über eine Frau, in deren Umgebung ständig Männer sterben, gedreht. LADY MACBETH folgt erstaunlich radikal dem tödlichen Erwachen einer Frau, gefangen in den Moralvorstellungen des 19. Jahrhunderts, aufgerüttelt durch eine Affäre. Das bereits mehrfach prämierte Kostümdrama EIN LEBEN zeigt Guy de Maupassants Vorlage folgend ebenfalls, wie jene restriktive Zeit Frauen unterdrückte. Und, und, und …

Felix Bruder, Geschäftsführer der AG Kino, findet passend dazu knackige Worte: „Kino brummt!“ Damit der Aufwärtstrend bestehen bleibt, feiern unzählige Fachbesucher nicht nur die schönste aller Künste, sondern setzen sich im Rahmen von Workshops und Seminaren mit deren Erfordernissen auseinander. Davon bemerkt der Zuschauer kaum etwas, eventuell spürt er aber manches Ergebnis: Im Fokus tiefgreifender Diskussionen stehen neben der fortwährend zu bewältigenden Filmflut auch Möglichkeiten des Social-Media-Marketings, Optimierung der Vorführtechnik oder zwecks Zuschauerbindung geschaffene Mehrwerte. Ob hier wohl Steine ins Rollen kommen?

Keine Frage ist allerdings, daß am Freitag ein „Best Of“ die Highlights wiederholt, schließlich kann man ja unmöglich an sämtlichen (Spiel-)Orten zugleich sein. Falls die traditionell verliehenen Publikums- und Jugendjurypreise an einen persönlichen Favoriten gehen, darf freitags außerdem die Zweitsichtung gewagt werden. Vorfilmtest, mit Gewinnchancen dotierte Fragebögen zum Gesehenen, Midnight Special oder handverlesenes Kinderkino – erstmals ins Cineplex verlegt! – markieren weitere feste Größen. Neue Filme und Altbewährtes: unverändert eine lohnenswerte Mischung.

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...