Bild: Wolfgang Kohlhaase (links) neben Konrad Wolf bei Dreharbeiten zu SOLO SUNNY

Personalie: Wolfgang Kohlhaase

16.02.–19.02.2016

Cinémathèque

Personalie: Wolfgang Kohlhaase

Ein Porträt des großen Autoren zur Filmreihe in der Cinémathèque

Wolfgang Kohlhaase sagt, er stehe in der Schuld von Menschen, aus deren Leben er etwas auf- oder abschreibt. Manchmal habe er die Dinge schon im Kopf verändert, wenn sie ihm aufgefallen sind, damit er sie sich merken kann – eine Situation, manchmal nur ein Satz. Das muß wohl so sein, denn Kohlhaase nimmt die Anregungen für seine Drehbücher direkt aus dem Alltag. In diesem Jahr wird er 85 Jahre alt. Für die Cinémathèque ist es ein „ ... willkommener und längst überfälliger Anlaß für einen Einblick in sein umfassendes Schaffen.“ Fünf Filme werden in der Reihe „Personalie“ zu sehen und wiederzuentdecken sein.

Knapp 30 Filmvorlagen hat Wolfgang Kohlhaase von 1953 bis heute erschaffen. Versuche, selbst Regie zu führen, blieben die Ausnahme genauso wie das Schreiben von Prosa. Das Glück des Tüchtigen war es wohl, gepaart mit der exzellenten Güte seiner Arbeiten, die Kohlhaase auch nach 1989 nicht in Vergessenheit gerieten ließen. Die gesamtdeutsche Filmwelt konnte an Wolfgang Kohlhaase einfach nicht vorbeikommen. Viele DEFA-Kollegen, wer wüßte es nicht, wurden eher mit Ignoranz gestraft, und das allein aufgrund ihrer Herkunft. Daß ausgerechnet im Wendejahr Frank Beyers deutsch-deutscher Krimi DER BRUCH herauskam, Drehbuch: Wolfgang Kohlhaase, geht also gar als Metapher durch.

Neben Frank Beyer fühlt(e) sich Kohlhaase vor allem Gerhard Klein, Konrad Wolf und Andreas Dresen innerlich verbunden. Die Werke, die mit ihnen entstanden sind, spielen im Kanon des einheimischen Films eine eigene Melodie: von DER AUFENTHALT über BERLIN – ECKE SCHÖNHAUSER und SOLO SUNNY hin zu SOMMER VORM BALKON und ALS WIR TRÄUMTEN. Die Schauspielerin Inka Friedrich sagte zur Arbeit am BALKON: „Kohlhaase schreibt so präzise, daß jedes andere Wort, sogar jeder kleine eigene Laut von uns, völlig banal gewesen wäre.“

Wolfgang Kohlhaase wurde am 13. März 1931 in Berlin-Adlershof geboren und ging dort auch zur Schule. Seine Mutter war Hausfrau, sein Vater Maschinenschlosser. Über die Kindheit wird er sagen: „Das, was man in den ersten zehn Lebensjahren aus dem Küchenfenster sieht, bleibt wichtig.“ 1945 entdeckte der 14jährige das Kino, sieht innerhalb weniger Monate mit KOLBERG späte Nazi-Propaganda, dann sowjetisches Pathos und mit DIE KINDER DES OLYMP ewige Filmkunst. Kohlhaase: „Der Zusammenstoß von Weltgeschichte und Pubertät war ein wunderbarer Zufall.“

Mit 16 begann er das professionelle Schreiben, wurde Volontär und Redakteur der Jugendzeitschrift „Start.“ Zwei Jahre lang arbeitete Wolfgang Kohlhaase in der Kulturredaktion der „Jungen Welt“, dann als Dramaturg bei der DEFA, bevor er sich seit 1952 als freischaffender Drehbuchautor seinen guten Namen machte. Und ein gutes Drehbuch sei, „ ... wenn der Zuschauer am Anfang eines Films neugierig auf das Ende ist. Dazwischen ist dann Zeit für Vermutungen und Umwege, Enttäuschungen und scheinbare Nebensächlichkeiten, wobei die Dramaturgie wiederum ein System von Regeln gegen die permanente Bereitschaft des Publikums ist, sich zu langweilen.“

Wie klug und sinnreich, amüsant und lebendig Wolfgang Kohlhaase selbst erzählen kann, wird sich bei seinem persönlichen Besuch in der Cinémathèque zeigen.

[ Andreas Körner ]