Bild: MR. GAY SYRIA

Queere Filmwoche 2018

11.01.–17.01.2018

Kinobar Prager Frühling

Das ganz normale Leben

Ein Blick auf die „Queere Filmwoche“

Tradition – da schwingt ja immer so etwas Schweres mit, fast schon Schwerfälliges, im schlimmsten Fall pappt diesem Begriff der Mief des Konservativen, Altbackenen und Gestrigen an. Man hängt an etwas, kann nicht loslassen, tut Dinge der Gewohnheit wegen, zeigt Filmreihen, weil man eben schon immer Filmreihen zeigt. All das paßt nun so gar nicht zur „Queeren Filmwoche“, welche die Kinobar bereits seit acht Jahren veranstaltet, damit doch schon eine Tradition pflegt, eine liebgewonnene zweifelsfrei, aber eben auch eine ohne das Gemuffel des Abgestandenen. Allein ein Blick in das Programm der aktuellen Edition zeigt, daß die Kuratorin und Kinobetreiberin Miriam Pfeiffer genau draufschaut, was der schwule-lesbische-transgendere Film im Kino heute zu bieten hat – neben der Flut an unzähligen Releases für daheim.

Und so werden einige Erstaufführungen geboten, der hier im Heft besprochene BEACH RATS ist dabei, eine Geschichte von Drogen, schwierigem Outing und Selbstverleugnung. Darüber hinaus wird als Preview MR. GAY SYRIA weit vor Bundesstart gezeigt. In der kämpferischen Dokumentation wird von zwei schwulen Flüchtlingen erzählt, die dem Krieg und der Homophobie ihres Landes entkommen sind, in der Türkei ankommen und erkennen müssen, daß sie da auch nicht offen leben können. Doch Kopf in den Sand stecken gilt nicht, mit Witz und Mut wird ein Gay Contest angezettelt. Es sind eben nicht wenige schwule Flüchtlinge, und bald schon wird Istanbul zu klein, „Mr. Gay World“ ist das Ziel ...

Einen Blick auf unkonventionelle Familienkonstellationen und die manchmal daraus entstehenden Probleme und Bedenken wirft RARA – MEINE ELTERN SIND IRGENDWIE ANDERS, der vom Teenager Sara erzählt, die mit zwei Müttern aufwächst. Die Filmwoche taugt damit als aktueller Spiegel des an sich doch ganz normalen Lebens. Drumherum wurde ein sehenswertes Repertoire-Programm gestrickt, welches hoffentlich vielen Besuchern die späte Chance bietet, EINE FANTASTISCHE FRAU zu entdecken, der zweifelsfrei einer der Höhepunkte des letzten Kinojahres war. Mit WHITNEY – CAN I BE ME und CHAVELA wird zwei herausragenden Musikerinnen gehuldigt, und da die emsige Kinomacherin nicht nur gern flimmert, sondern auch selbst hinter den Filmkulissen aktiv ist, wird der hinreißende, von Pfeiffer mitproduzierte Film KOSMONAUTENSEHNSUCHT nochmals gezeigt.

Wem all das nicht spicy genug ist, dem sei versichert, daß die fehlend geglaubte Würze ganz sicher das Kurzfilmprogramm liefern wird, steht doch als Kollaborateur das Porn Film Festival Berlin in den Credits ...

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.