Originaltitel: BABEL

USA 2006, 142 min
FSK 16
Verleih: Tobis

Genre: Drama

Darsteller: Brad Pitt, Cate Blanchett, Gael García Bernal, Adriana Barraza, Kôji Yakusho, Rinko Kikuchi

Stab:
Regie: Alejandro González Iñárritu
Drehbuch: Guillermo Arriaga

Kinostart: 21.12.06

6 Bewertungen

Babel

Ein Mexikaner rückt die Welt zusammen

Der Episodenfilm war gestern. Heute ist Alejandro González Iñárritu. Alles hängt mit allem zusammen, so der erste, der wichtigste Leitsatz für seine Filme. Er bestimmte das fulminante Debüt AMORES PERROS genauso wie den etwas schwergängigen Nachfolger 21 GRAMM. Beide kannten vielleicht keine dramaturgischen, aber doch nationale Grenzen. Weil aber die Welt gerade gut genug ist, um die dramaturgische Domino-Idee zu bestätigen, wird sie hier zum globalen Schicksalsspielplatz.

Ein japanischer Hobbyjäger verschenkt ein Gewehr nach Marokko, aus dem ein Schuß auf eine amerikanische Touristin abgefeuert wird, die daheim eine mexikanische Kinderfrau unterhält, die wiederum einen heiratsfähigen Sohn in Mexiko hat. Unter den Händen von Iñárritu wird die große, weite Welt zum Dorf. Was folgt, ist ein Entfesselungskunststück mit globalen Ereignisketten, die jedem Protagonisten seine Geschichte, jeder Ecke des Globus ihre kulturelle Färbung läßt. Da sind die marokkanischen Teenager-Brüder, die ihre Zielsicherheit an einem Reisebus testen. Da ist das US-amerikanische Touristenpaar, das am Tod eines Kindes fast zu zerbrechen droht. Da ist die Kinderfrau, die im mexikanisch-US-amerikanischen Grenzland, quasi als Wanderer zwischen den Welten, ihre Heimatlosigkeit zu spüren bekommt. Da ist die junge taubstumme Chieko, die den Selbstmord der Mutter mit erotischen Attacken auf jeden greifbaren Mann in den Griff zu bekommen sucht.

Iñárritu komponiert eins, zwei, drei, vier Geschichten, einmal im Dokumentarlicht der marokkanischen Sonne, einmal als irrlichterndes Popmärchen aus Japan, zu einem konsistenten Schicksalsepos. Unter Beschuß steht vor allem die emotionale Chronologie, die Folgerichtigkeit von Vor- und Nachgeschichte, bei dem die Perspektive den Unterschied macht.

Einmal mehr jongliert der Regisseur dabei mit schweren Gewichten, sonst wäre es ja kein Kunststück. Und einmal mehr entfaltet er dabei eine Vision, die sich trotz allen politischen Gehalts - auch durch prominente Darsteller - mit den Spannungs- und Einfühlungswünschen des Kinomainstreams vereinbaren läßt.

[ Sylvia Görke ]