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Baila! Kuba tanzt

Uninspirierte Tanzreportage

Filme über andere Künste sind bisweilen ein schwieriges Thema. Der Film, eigentlich selbst eine Kunst, wird hier zum reinen Aufzeichnungsmedium degradiert. Er dient nur noch dem Zweck der Darstellung einer fremden Meisterschaft. Umgekehrt würden wir es doch auch absurd finden, einen Gemäldezyklus oder eine Photoserie über den neuen Film von Lars von Trier zu sehen. Obwohl, gerade ihm sollte man das wahrscheinlich nicht vorschlagen. Aber zurück zum Thema. Wenn also Filme zur Archivierung und Dokumentation großer Künstler oder Kunstwerke benutzt werden, was sollte man von ihnen erwarten? Beeindruckende Beispiele wie DAS WUNDER PICASSO von Henri-Georges Clouzot oder RIVERS AND TIDES von Thomas Riedelsheimer haben uns den Menschen hinter dem Werk gezeigt, einen Einblick in den Arbeitsprozeß gegeben und damit, und das ist das Wichtigste, uns die Kunst spüren lassen.

Wem würde nun beim Thema Kuba nicht sofort Wim Wenders’ BUENA VISTA SOCIAL CLUB einfallen. Der OSCAR-nominierte Dokumentarfilm über die Stars des kubanischen Son war ein Riesenerfolg – wenn auch nicht unumstritten. Dem Regisseur wurde eine herablassende Erzählhaltung und Verdrehung der Tatsachen vorgeworfen. Und die Bilder blieben, trotz anderer Bemühungen, klischeehafte Postkarteneindrücke von einem Havanna, wie man es zu glauben kennt. Warum der Film dennoch so viele begeisterte Anhänger gefunden hat, liegt einzig an einem Punkt: Wenders hat es geschafft, eine Atmosphäre in den Kinosaal zu übertragen, die gefesselt hat, die mitreißend war.

Genau die fehlt BAILA! KUBA TANZT. Dabei ist es völlig unverständlich, wie bei einem so dankbaren Objekt wie dem Flamenco kein Feuer überspringen kann. Die Kraft und Eleganz der Tänzerinnen müßten jeden Uninteressierten sofort in ihren Bann ziehen. Aber die Filmemacher haben die Möglichkeiten des Themas nicht genutzt. Die Beobachtungen der Proben des spanischen Balletts verkümmern zu einem Making Of der alljährlichen „Carmen“-Produktion. Die Kamera findet keine Emotionen, verknüpft Momente nicht zu erzählerischen Bilderfolgen, zeichnet brav Interviews auf, die aus Standardsätzen wie „Tanzen ist mein Leben“ bestehen.

Die fehlende Bildsprache wird durch eine Kommentarstimme ersetzt, die nicht nur falsch gewählt ist, weil sie den flüsternden Ton einer Tierdokumentation hat, sondern auch nichts Neues über dieses Land und seine Traditionen zu berichten weiß.

D 2009, 86 min
Verleih: Media-Produktion

Genre: Dokumentation, Musik

Stab:
Regie: Jens Wohlrab
Kamera: Jochen Beckmann

Kinostart: 14.10.10

[ Marcel Ahrenholz ] Marcel mag Filme, die sich nicht blind an Regeln halten und mit Leidenschaft zum Medium hergestellt werden. Zu seinen großen Helden zählen deshalb vor allem Ingmar Bergman, Andrej Tarkowskij, Michelangelo Antonioni, Claude Sautet, Krzysztof Kieslowski, Alain Resnais. Aber auch Bela Tarr, Theo Angelopoulos, Darren Aronofsky, Francois Ozon, Jim Jarmusch, Christopher Nolan, Jonathan Glazer, Jane Campion, Gus van Sant und A.G. Innaritu. Und, er findet Chaplin genauso gut wie Keaton ...