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Beerland

Hopfen und Malz verloren

Es klingt wie ein Thriller: Der nach Deutschland gezogene Amerikaner Matt lädt seine Eltern zum Oktoberfest ein – aber selbst nach suchend verbrachten 40 Minuten muß die Familie bierlos verharren! Mutti fühlt bereits den nahenden Verdurstungsexitus, Vati bietet alle verbliebenen Kräfte auf, um der schleichend dehydrierten Gattin solches Schicksal zu ersparen, und Sohn Matt verarbeitet jenes Trauma dokumentarisch, dreht einen Film über Bier in Deutschland. O’zapft is!

Es wird also ziemlich sehenswert animiert und reichlich kurz die Geschichte des Gesöffs gestreift, was jedoch die einzigen gelungenen Szenen bleiben. Der Rest: eine Aneinanderreihung oller Klischees und Ödnisse. Etwa dann, wenn Matt berichtet, ihm fiele die Anpassung in Deutschland schwer, und selbige völlig automatisch darin besteht, buddelschwenkend auf offener Straße rumzurennen. Andererseits mag man sich freuen, daß der Glückliche keine anderen Probleme hat, je nachdem.

Jedenfalls reist er quer durch die Republik und scheucht Leute vor die Linse, welche gruselig kommunikativ ihre 15 Minuten Ruhm genießen. Darunter eine ältere Dame, die nach dem Hinweis, man schaue sich beim Zuprosten an, mit peitschender Domina-Audiogewalt erkundet: „Und – wo haben Sie hingeguckt?!“ Oder ein leuchtenden Auges den Unterschied zwischen Schnaps (= Gift) und Bier (= Nahrungsmittel) abgrenzendes bayerisches Mannsbild. Daß Matt ausgerechnet am Stammtisch die Stimmung im Land erspüren möchte, obwohl genau dort – wie die geschickte Montage zeigt – doch nur zu schnell stumpfe Ausländer-raus-Parolen aus befeuchteten Kehlen jaulen, erfüllt im Gesamtbrei eigentlich bloß Fußnotenfunktion.

Immerhin gelingen dem Kameramann teilweise Aufnahmen größter Prägnanz: Während man zum Beispiel über die Frage diskutiert, was denn nun typisch deutsch sei, wird der Nebenmann des Interviewten in einem Zustand irgendwo zwischen Tiefschlaf, asthmatischer Röchelattacke und anrollendem Übergeben abgelichtet. So herrlich lebensnah!

Tja. Beim nächsten Mal, liebe eigenernannte amerikanische Regisseure, schustern wir bitte eine Doku darüber zusammen, wie Deutsche, das Autoradio auf Volksmusik-Vollanschlag, die Autobahn langbrettern, natürlich inklusive Schweinshaxe und Sauerkraut als kleines Provianthäppchen zwischendrin, von ungeputzten Zähnen aus der hohlen Hand in unzerkaut schluckbare Stücke gerissen. Mei, da lockt Enthüllungspotential!

D 2011, 85 min
FSK 0
Verleih: Movienet

Genre: Dokumentation

Regie: Matt Sweetwood

Kinostart: 02.05.13

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...