Originaltitel: BEING JULIA

GB/USA/Ungarn/Kanada 2004, 105 min
Verleih: Concorde

Genre: Komödie

Darsteller: Annette Bening, Jeremy Irons, Shaun Evans

Regie: István Szabó

Kinostart: 07.04.05

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Being Julia

Eine Diva geht aufs Ganze

Julia Lambert ist die Königin der Londoner Bühnen von 1938. Sie verdient ein Vermögen und führt eine zivilisierte Ehe mit dem aalglatten Theateragenten Michael Gosselyn. Doch die Fassade wird spröde, Julia fürchtet sich vor der Gewißheit, daß Glanz und Erfolg nicht ewig halten werden. Und sie vermißt Aufregung in ihrem Leben. "Irgend etwas sollte geschehen!" wünscht sie sich. Als hätte er auf dieses Stichwort gewartet, erscheint Tom in ihrem Leben - jung, Amerikaner, aber kultiviert und vor allem ein glühender Verehrer von Julia. Die Affäre beginnt, Julia sprüht vor neuer Lebenslust. Dann verliert der Gigolo sein Herz an die junge Möchtegern-Schauspielerin Avice und Julia den Boden unter den Füßen. Als Tom sie auch noch um eine Rolle für Avice bittet, besinnt sich Julia ihrer Talente und holt zum Rundumschlag aus. Natürlich standesgemäß bei der Premiere ihres neuen Stückes. Vorhang auf!

Man hielt sie schon für ausgestorben, die wortgewandten, süffisanten Komödien, aber István Szabó hat mit seinem neuesten Werk genau solch eine geschaffen. Sie spricht die Sprache von Oscar Wilde und den Screwball-Comedies alter Schule. Es zeugt von Mut, eine Hauptrolle, die lauthals zum Überziehen einlädt, mit der häufig unterschätzten Annette Bening zu besetzen. Natürlich besteht sie grandios und erweist sich als Idealbesetzung für die Diva in der Lebenskrise. Wo sie geht und steht, spielt Julia Lambert Rollen, mal die wortgewandte Zynikerin, mal die leidende Lady. Leider imitiert das Leben die Kunst, und in der zweiten Hälfte verstummen die Nebenfiguren zu Stichwortgebern, überlassen dem Star Bening die Bühne. Das ist schade, denn die Besetzung ist bis in die kleinsten Rollen vom Feinsten. Doch das ist nur ein winziges Manko. Elegante Doppelbödigkeit durchzieht die flockig-leichte Komödie: Julias verstorbener Mentor geistert durch die Szenen und versorgt sie mit treffenden Ratschlägen. Ihre Angestellte Evie ist mit Schnoddrigkeit und Loyalität das Gegengewicht zu Julias pathetischen Eruptionen. Und wenn die Diva den ersten Tanz mit Strahlemann Tom wagt, trällert es im Hintergrund "É she is no schoolgirl anymore."

Der Kassenerfolg in den USA fiel eher bescheiden aus, doch wer braucht Überflieger, wenn er eine so wunderbar spitzzüngige, dekadente und luftige Komödie haben kann?

[ Roman Klink ]