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Bella Martha

Wenn Liebe durch den Magen geht

Normalerweise sind Filme, in denen sich das Schicksal der Helden an deren kulinarischen Gewohnheiten orientiert, unerträglich weil dumm-romantisch. Man denke nur an die alberne Heilkraft von eigentlich verstopfenden und herrlich dick machenden Kalorienbomben in CHOCOLAT. Hier nun wird zwar auch geköchelt, gedünstet, geschmort, gesotten und gebrutzelt, daß man schon vom bloßen Hinschauen fettige Haare kriegt, aber Sandra Nettelbeck nutzt dies nur als zugegebenermaßen recht appetitanregenden Rahmen.

Martha ist Köchin mit Leib und Seele und ohne Rast. Sogar daheim in ihrem Singlehaushalt sieht’s aus wie in den wenigsten Horten der Spitzengastronomie. Doch dann muß sich die löffelschwingende Schönheit der Tochter ihrer bei einem Unfall ums Leben gekommenen Schwester annehmen. Lina wirft Marthas durchgerechnetes Alleinsein durcheinander. Noch schlimmer wird’s, als auch noch Mario, seines Zeichens Italiener und trotzdem Gourmet, in ihrem Restaurant anfängt. Zickereien und kleine Attacken sind die Folge. Single-Melancholie gegen genetischen Frohsinn.

Gerade in den sehr sensibel gefilmten Reibungen zwischen Martha und Lina, Martha und Mario und natürlich Martha und dem ach leckt mich mal-Rest der Welt gelingt Nettelbeck etwas, das dem deutschen Kino gewöhnlich abgeht: Authentizität. Lina hat die Mutter verloren, Martha ihre Unabhängigkeit. Linas Vater muß gefunden werden, Marthas Lust am Jetzt und Ja sowieso.

Vor allem die Besetzung mit Martina Gedeck ist Nettelbecks Glücksgriff. In jeder Pore, jedem kleinen Fältchen und jedem querstrebenden Haar spiegelt sich die Zerrissenheit, die Verzweiflung und die Sehnsucht nach dem Schönen wieder. Martha braucht Luft zum Atmen, und das deutsche Kino braucht Martina Gedeck. Bitte mehr von ihr!

D 2001, 107 min
Verleih: Ottfilm

Genre: Tragikomödie

Darsteller: Martina Gedeck, Sergio Castellitto, Katja Studt, Sybille Canonica, August Zirner, Antonio Wannek

Regie: Sandra Nettelbeck

Kinostart: 18.04.02

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.