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Charlies Welt

Eine Liebe von Swan und eine von Roman Coppola

Was macht ein Mann mit Liebeskummer? Wie kommt er hinweg über die Qual des gebrochenen Herzens? Charles Swan III. macht ein Angebot. Den exzentrischen Grafikdesigner hat eben seine junge Geliebte verlassen. Okay, sie hatte durchaus Grund (wir verraten ihn hier nicht), aber gleichzeitig ist es schon ein starkes Stück, einfach so abzuhauen. Nach all der schönen Zeit, den Erinnerungen und so weiter. Charlie Swan III. also entschließt sich zur kathartischen Handlung: den Koffer der Angebeteten nehmen, jenen Koffer, den sie zurückgelassen hat beim großen Trennungsabgang. In diesen Koffer den verbliebenen Kram der blöden Schnalle packen (sorry, aber man muß hier so reden, um die emotionale Gemengelage Charlies treffend zu illustrieren), dann mit diesem Koffer auf einen der Hügel vor der Stadt fahren und einfach hinabschleudern das Ding, also die Erinnerungen, die Vergangenheit, die verdammte Liebe …

Klasse Stimmung und hübsche Szene, mit der Roman Coppolas CHARLIES WELT beginnt. Die Nummer mit dem Koffer geht natürlich gehörig vor, nein, eigentlich in den Baum, wo das Gepäckstück dann in den Ästen hängt wie ein hämisches Menetekel. Und überhaupt endet dieser Befreiungsschlag-Ausflug im Desaster, und würde man dieses jetzt schildern, klänge das alles schräg, exaltiert und herrlich abgedreht, aber leider, leider ist es das dann nicht wirklich. Oder zunehmend weniger, denn CHARLIES WELT gehört zu diesen seltsamen Filmen, die eher nur theoretisch gut sind.

Im Grunde stimmt hier alles. Da ist ein schlicht toller Cast inklusive Charlie Sheen, der charmante Rabauke des amerikanischen Showbiz, der mental kleine Junge mit der großen Klappe, der großen Libido und dem noch größeren Durst auf Hochprozentiges, der hier so lässig gut ist, weil er sich wohl großteilig (und der Filmtitel läßt es ahnen) selbst spielt. Dazu Musik und Dialoge, die man gern hört und über allem die kalifornische Sonne. Und doch: Es plätschert nur dahin. Es reißt nicht mit. Denn Coppola, einst Second Unit Director bei Wes Anderson, versucht sich just am erzählerischen Schriftzug Andersons. Aber warum nur? Anderson kann nur Anderson. Und daß Coppola was anderes annahm, ist rätselhaft. Streckenweise wirkt sein Film wie eine Liebeserklärung an den Regiekollegen. Das ist reizend, hat was für sich – und hängt dann doch so ähnlich auf der Leinwand, wie besagter Koffer im Baum.

Originaltitel: A GLIMPSE INSIDE THE MIND OF CHARLES SWAN III

USA 2012, 88 min
FSK 0
Verleih: Koch Media

Genre: Schräg, Tragikomödie

Darsteller: Charlie Sheen, Jason Schwartzman, Bill Murray

Regie: Roman Coppola

Kinostart: 02.05.13

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.