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Das andere Rom

Die Ewige Stadt und ihr Planetenring

No, grazie zu Forum Romanum und Trevi-Brunnen, si, per favore zu einem Stück Rom, wie es der Italiener und der Tourist eher vom Genervtsein kennen mögen. DAS ANDERE ROM bewegt sich in einer mäandernden Mischung aus surreal anmutenden und porträtierenden Bildern links und rechts des Saturns, besser, des 70 Kilometer langen Autobahnrings, der die Ewige Stadt umschließt.

Selten sind die Momente, die Regisseur Gianfranco Rosi direkt auf der Grande Raccardo Anulare zubringt, vorzugsweise im Ambulanzwagen, dessen Besatzung einen Obdachlosen aufgenommen hat oder einen Raser aus seinem Wrack befreit und ins Hospitale verfrachtet. Ansonsten ist die frequentierte Schnellstraße indirekt dabei, vor allem aber ist sie als Synonym für das Dezentrale an sich und die demgemäße Wahrnehmung der Menschen dort eher zu hören. Irgendwie immer am Fokus vorbei, entwischt den neugierigen Blicken und millionenfachen Klicks von Kurzzeit-Römern, dabei ein eigenes Universum offenbarend, das man so wiederum überall auf der Welt finden kann. Global und dennoch speziell.

Gianfranco Rosi hat für DAS ANDERE ROM ausführlich getestet, wer wie und was hier zu finden und zu filmen sei. Er traf Menschen, die Typen sind, die er für sanft montierte Bildstrecken einfängt und zu Protagonisten macht. Mal aus größerer Distanz des Kamerastandpunktes und einem extrem dichten Mikro, mal aus offensichtlicher Nähe von Ton und Bild, hier eher beiläufig, dort regelrecht inszeniert. Daß der Regisseur auf Kommentare verzichtet, ist kein überraschendes Stilmittel mehr, sondern fast der einzig mögliche Weg zu maximaler Wirkung.

Mit purem Zufall wäre (dem wahrscheinlich selbst ernannten) Prinz Filippo auf seinem Anwesen nicht beizukommen. Wie er mit Zigarrenstumpen im Mund Fitneß betreibt, in der güldenen Wanne sitzt oder Frau und Tochter einsammelt, um einen Termin wahrzunehmen, und sei es nur ein Spaziergang, ist putzig. Die beiden in die Jahre gekommenen Huren im Wohnmobil sind eher traurig. Wenn Cesare, der Aal-Fischer auf dem Tiber, die Welt erklärt, schweigen die Frauen. Die Lämmer am Wiesenrand der Autobahn sowieso. Gefährliche Käfer in Palmen schweigen nicht, Biologe Francesco rückt ihnen mit teurer Technik nahe. Und im Neubau zeigen sich die Schicksale von Vater und Tochter auf engstem Raum, aber mit schöner Aussicht. Und plötzlich ist Winter in Rom.

Originaltitel: SACRO GRA

I/F 2013, 93 min
FSK 0
Verleih: Kairos

Genre: Dokumentation

Regie: Gianfranco Rosi

Kinostart: 26.03.15

[ Andreas Körner ]