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Das ewige Leben

Schön, daß wieder was passiert ist

Jetzt ist schon wieder was passiert. Zum vierten Mal inzwischen. Also zumindest im Kino. Dort, wo man den Privatschnüffler Brenner in den vergangenen Jahren schon in KOMM, SÜSSER TOD, SILENTIUM und DER KNOCHENMANN auf seine recht eigenwillige Art Fälle lösen sah. Fälle, die allesamt österreichisch abgründig, schwarzhumorig und illusionslos beim Blick aufs menschliche Tun daherkamen. Aus der Brenner-Perspektive entpuppte sich dabei die Conditio humana allemal als moralisch ausgesprochen konditionslos.

Daran ändert jetzt auch DAS EWIGE LEBEN nichts. Beim Brenner klingt das eh von vornherein wie ein Stoßseufzer. Bei diesem Detektiv vom gesellschaftlichen Spielfeldrand, dem Ex-Polizisten mit Autoritätsproblem, ausgeprägter Neigung zum Kiffen und Asozialen. Und nicht zu vergessen: einem Moralkodex, der zwar gelegentlich gehörig instabil schwankt, aber im entscheidenden Moment auf festen Beinen steht. Brenner ist auch deshalb ein Mann wider alle Vernunft, weil „einknicken“ gesellschaftlicher Konsens, sprich: „vernünftig“, ist. Machen doch alle, nur Brenner eben nicht. Allerdings: So angeschlagen wie in DAS EWIGE LEBEN war der Kerl noch nie. Letzte Möglichkeit, sich vorm sozialen Totalabsturz zu bewahren, ist die Rückkehr dorthin, von wo Brenner einst floh. Zurück in den Ort der Kindheit und Jugend geht es also. Nach Graz. Ins leerstehende Elternhaus, das freilich ähnlich runtergekommen ist, wie der Brenner selbst. Sich verkriechen für eine Weile, zur Ruhe kommen will der. Und diese Kopfschmerzen loswerden, die ihn anfallweise immer wieder bis zum Wahnsinn quälen.

Und ums erneut mit dem Brenner-Mantra zu sagen: Natürlich ist bald „wieder was passiert.“ Nix mit „zur Ruhe“ kommen. Daran hindern die Schatten der Vergangenheit, alte Freunde, die längst keine mehr sind, und ein Schuß in den schmerzenden Schädel. Worauf sich Brenner gespenstergleich und mit Kopfverband quasi auf die Suche nach seinem eigenen Mörder macht.

Und es ist erneut wunderbar, wie Josef Hader seinen Brenner die Welt dabei betrachten läßt. Trauriger als bisher, wird der Blick dennoch nie weinerlich feucht. Trockener Humor verhindert das erfolgreich. Es ist dieses Austarieren in Tragikomik, das Regisseur Wolfgang Murnberger ebenso gut beherrscht wie der Autor Wolf Haas. Acht Brenner-Romane hat der bisher geschrieben. Bleibt zu hoffen, daß auch im Kino diesbezüglich dann bald „wieder was passiert.“

Österreich 2014, 123 min
FSK 12
Verleih: Majestic

Genre: Tragikomödie, Krimi

Darsteller: Josef Hader, Tobias Moretti, Nora von Waldstätten

Regie: Wolfgang Murnberger

Kinostart: 19.03.15

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.