D/Luxemburg 2022, 116 min
FSK 6
Verleih: X Verleih

Genre: Drama, Biographie

Darsteller: Louis Hofmann, Luna Wedler, Jonathan Berlin, Nina Gummich, André Jung

Regie: Maggie Peren

Kinostart: 13.10.22

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Der Paßfälscher

Das Ding mit dem Ton-Fall

Cioma Schönhaus’ Freund Det Kassriel ist erstaunt: „Sag mal, fälschst Du hier gerade einen Paß?“ – „Ich versuch’s!“ Beim Versuch wird es nicht bleiben, Cioma ist begabt, einer, der Fotos ablösen und wieder aufkleben, mit hauchzartem Pinsel in Stempel eingreifen und knickfreie Vorlagen hurtig so aussehen lassen kann, als hätte die Haushälterin den Ausweis oder die Kennkarte versehentlich mitgewaschen. Schönhaus ist DER PASSFÄLSCHER, und es gab ihn wirklich, Anfang der 40er-Jahre in Berlin, bis 2015 in der Schweiz. Er als Jude hatte sich selbst einen Wehrdienstausweis gefälscht und war geflüchtet.

Nachdem Schönhaus 2004 seine abenteuerlichen Erinnerungen in Buchform veröffentlichen ließ, brachten sie auch Filmproduzenten auf den Plan. In den USA wurde nichts aus einem Projekt, in Deutschland hat es gedauert. Die Gründe sind auch Maggie Perens Streifen anzusehen, der vieles versucht und mit vielem scheitert, weil ihm schon früh der Mut zur Konsequenz abhandenkommt. Man sieht eher das Potential, das im Stoff gelegen hat.

Schon die Musik ist ein Fingerzeig. Flotte Baßläufe, gestopfte Trompete und flirrende Gitarren führen zielstrebig in Vignetten aus Swing. Der Ton soll ein leichter sein, denn Cioma ist es auch. Unbestechlich ist seine Gemütsmischung aus Neugier, Lust auf Felix Krull und Schlawinertum. Was natürlich, besieht man sich den Kanon der Filme aus der Zeit des Nationalsozialismus, verwundern darf, aber möglich sein muß. Cioma lebt noch in der elterlichen Berliner Wohnung, noch ist auch das Interieur vorhanden, doch der Nazi-Kuckuck wird bald an die Türen der verdunkelten Zimmer geklebt. Vater und Mutter sind schon deportiert, dem Sohn ist nichts anzumerken. Aus purem Anstand, wie Jurist Franz Kaufmann sagt, ist dessen Kanzlei zum Anlaufpunkt für Juden geworden, die mit neuen Papieren ihr Leben retten wollen. Cioma wird Kaufmanns bester Mitarbeiter, aber auch sein größtes Ärgernis, denn alle Ratschläge, ein eher gedecktes Leben zu führen, mißachtet er im Überschwang. Ernster werden Cioma und die Lage erst spät, als es für nahe Menschen schon zu spät ist.

Peren arbeitet angenehmerweise ohne das große „Weltkriegs-Besteck“, läßt die Handlung vorrangig in Räumen spielen, bekommt aber so gut wie keine zwingende Tiefe in die Figuren, vor allem nicht in jene aus Ciomas Umfeld. Sie kämpfen am Ende dann doch mit dem Ton-Fall.

[ Andreas Körner ]