D/Österreich 2013, 122 min
FSK 6
Verleih: Universum

Genre: Biographie, Drama, Musik

Darsteller: David Garrett, Jared Harris, Joely Richardson, Veronica Ferres

Stab:
Regie: Bernard Rose
Drehbuch: Bernard Rose
Kamera: Bernard Rose

Kinostart: 31.10.13

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Der Teufelsgeiger

Höllenritt mit Endstation Gähnsucht

Kreischende Damen, Ohnmachtsanfälle, zum Rupfen bereite Hände, welche ihr Idol berühren wollen. Sind wir auf einem Boygroup-Konzert? Nein, die Begierde gilt dem Geigenvirtuosen Niccolò Paganini. Wir sehen zu, wie aus einem mittellosen Playboy die Ikone des 19. Jahrhunderts gerät, verfolgen die Liebe zur emanzipierten Charlotte, wohnen Skandalen und Intrigen bei, lauschen gebannt grandioser musikalischer Leistung. Und wissen, obwohl es oft deutlich umschrieben, explizit indes nie formuliert wird: Aufstieg und letztlich Fall muß Paganini Luzifer in Gestalt seines Managers verdanken!

Folgerichtig agiert Jared Harris wahrhaft diabolisch, wohingegen die restliche Starbesetzung eher zweite Reihe bleibt: David Garrett tut hauptsächlich das, was er wirklich gut vermag, also spielen (auf der Violine, bezüglich seiner darstellerischen Fähigkeiten wächst doch die Sehnsucht nach Klaus Kinskis Wahn in gleicher Rolle). Joely Richardson als dem Umtrunk zugeneigter Reporterin merkt man ständig das Fragezeichen an, was oder wie sie denn eigentlich mimen soll; ganz Vollprofi holt Richardson aber noch das wohl Beste raus, eine lärmige Karikatur nämlich. Und Veronica Ferres schließlich sah bereits die wichtigste Eigenschaft ihrer Figur darin, daß jene nicht zu den Frauen zählt, „die Paganini vernascht oder begehrt.“ Solch’ profunde Rolleneinfühlung mag verblüffen, täuscht allerdings kaum über Zementmimik sowie heldenhaft-mißlungene Selbstsynchronisation hinweg.

Tja, es scheint nicht allein bei der Ensembleführung, als wären Regisseur, Autor und Kameramann Bernard Rose im offensichtlichen Herzensprojekt die Prioritätszügel entglitten. So ersetzt bombastische Bebilderung psychologischen Tiefgang, selbst Whitechapel sieht da, abgesehen von ein bis zwei fahlen Huren zu Lokalkoloritzwecken, wie gazellengleich dem Reiseführer enthüpft aus. Eine echte Großtat für das verseuchte, stinkende, menschenfeindliche Armenviertel, dessen täglicher Überlebenskampf und beamtenseitiges Desinteresse am Schicksal der Bewohner es wenige Jahrzehnte später Jack The Ripper ermöglichten, unerkannt zu wüten.

Was Rose in der Schwärmerei abliefert, sei als akustisch ansprechende, optisch oberflächliche, jederzeit sehr gepflegte Langeweile umrissen. Immerhin hat er die Seele seines Films nicht ebenfalls dem Beelzebub verkauft – denn wo von Anfang an nichts war ...

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...