Originaltitel: MISBEHAVIOUR

GB/F 2020, 107 min
FSK 0
Verleih: EntertainmentOne

Genre: Komödie

Darsteller: Keira Knightley, Gugu Mbatha-Raw, Jessie Buckley, Rhys Ifans, Greg Kinnear

Regie: Philippa Lowthorpe

Kinostart: 01.10.20

4 Bewertungen

Die Misswahl

… als heitere Feminismus-Show

Im Vorfeld der Wahl zur Miss World 1970: Die hoffnungsvollen Teilnehmerinnen verlieren spontan den fortan vom Herkunftsland ersetzten Namen, dazu vermißt eine gestrenge Lady sorgfältig kurvige Attribute; leider vergeblich, keine 90-60-90 zu bejubeln. Würde jetzt final jemand zu Prüfungszwecken die polierten Zahnreihen auseinanderreißen, trüge das gänzlich zum Gefühl eines antiken Sklavenmarktes bei, während sich Moderator Bob Hope sehr erfolgreich darum bemüht, die Atmosphäre durch glitschigen Altherrenhinternzwick-Humor weiter zu versauern. Nur Miss USA stört’s wenig, das blonde Kind klatscht gern, ein von intellektuellem Ballast unbeschwertes Gemüt. Seitenhieb der britischen Regisseurin? Wer weiß! Parallel planen einige feministisch aufgestellte Damen, das Event aktiv randalierend zu sprengen – Vorhang auf …

Ziemlich fest dürfte stehen: In Verbindung mit dieser MISSWAHL wird nie jemals „Großes Kino!“ attestiert werden. Aber für „Sehenswert!“ reicht’s locker. Grundvoraussetzung dafür ist allerdings gewisse zuschauerseitige Entspannung, verbissenes Suchen nach echten Statements führt lediglich zu Enttäuschung und Verdruß, wer Botschaftsfilme präferiert, bekommt zwar schon den zunehmend dicken moralischen Pinselstrich, indes bleibt im Kern stets hoher Unterhaltungsanspruch. Zum Glück, sei hier hinzugefügt. Weil er viel besser ans Saaldunkel bringt, wie bedingungslos sich Keira Knightley einem wunderbaren Ensemble unbekannter Kolleginnen unterordnet. Daß knallbunte Munterkeit auf fast ausschließlich weiße Kandidatinnen trifft. Vor schrecklicher End-60er-Tapete und passend scheußlicher Fransen-Stehlampe unkorrekte Zigarettenrauchschwaden wabern. Dialogwitz trocken staubt – wer mag die dänische Sängerin sein, deren „Geselligkeit“ explizite Erwähnung findet (im Arbeitszeugnis würde so Alkoholismus codiert)?

Und am erzählerischen Rand eine fantastisch aus dem Hintergrund schillernde Frauenfigur Platz nimmt, wobei sich ihre alles überstrahlende Faszination weder Hautfarbe noch politischem Aktionismus verdankt, rein auf Charakterstärke fußt. Hopes Gattin nämlich, die unterm umtriebigen Ehemanne leidet, oft zickig giftet, Auszeiten und kleinere Fluchten benötigt, doch trotzdem genug Kraft besitzt, ihn zu lieben, zu unterstützen. Vor dem emotionale Machtverhältnisse klar definierenden Wissen darum, was er ohne sie wäre: nichts.

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...