D 2017, 97 min
FSK 0
Verleih: Concorde

Genre: Dokumentation

Regie: Yasemin Samdereli, Nesrin Samdereli

Kinostart: 05.04.18

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Die Nacht der Nächte

Für immer und Dich: Duelle, Duette

Wie er diesen für immer und ewigen Lebenspartner finden konnte? Norman antwortet: „Luckily It Was … Luck!“ Derweil wurschtelt der betagte Bill, die andere Hälfte des Glücks, auf dem gemeinsamen Anwesen in Erwinna, Pennsylvania herum. Vermutlich trägt er dabei eine seiner Mützen, an die Norman sich nicht gewöhnen mag – nicht nach über 50 gemeinsamen Jahren und schon gar nicht bei Tisch. Sie sind eines von vier Paaren, denen die Filmschwestern Samdereli in ihrem ersten Dokumentarfilm begegnen. Oder richtiger: die sie sich nach weltweiten Casting-Bemühungen zurechtlegen, um das Modell „Für immer“ auf seine kulturellen, romantischen, erotischen, zeitlichen und persönlichen Bedingungen abzuklopfen.

Da sind Hilde und Heinrich aus dem Ruhrpott, die nach mehr als einem halben Jahrhundert Eheleben immer noch nicht ausgemendelt haben, wer sich mit welchem Arm zuerst unterhakt und ob das damals am Nürburgring den Tatbestand eines Samenergusses erfüllte. Da sind Herr und Frau Sugihara aus Japan, die sich die bitteren Enttäuschungen ihrer vor über 60 Jahren durch Sachzwänge gestifteten Verbindung nur allmählich von der Seele reden. Da sind die Nagarayyas aus Indien, die sich umwerben, als hätte dieser erste Kinobesuch unter moralischer Aufsicht erst gestern stattgefunden – und als sei ihre über Kastenschranken hinweg geschlossene Ehe nie, auch nicht durch Morddrohungen, gefährdet gewesen.

Den Rahmen für das multiple Paarporträt bietet – natürlich – eine bevorstehende Hochzeit: im Garten in Erwinna wird ein Festzelt aufgebaut. Dorthin kehren die Regisseurinnen immer wieder zurück, um nachzusehen, wie die Vorbereitungen vorangehen. Ansonsten sind sie unterwegs – im Ruhrpottslang vor ästhetisch bedenklicher Schlafzimmermöblierung, in einem japanischen Ehedrama ohne ein einziges lautes Wort und in knetanimierten Sequenzen, die … Ja, was sollen die eigentlich? Bebildern, was gerade zu hören war? Verdeutlichen, wo diese „Liebesleute“ undeutlich bleiben wollten?

Die Samderelis mögen das Deutliche. Das macht ihren Film um keinen Deut weniger unterhaltsam, nimmt ihm aber das, was sich zwischen Bildern und Dialogen im Kopf erzählt. Sicher: Dokumentarfilm ist nichts, was einem auf der Straße in zufälligem Beisein einer Kamera „passiert.“ Aber ein Geheimnis, eine Aussparung in der mutwilligen Konstruktion sollte er schon haben.

[ Sylvia Görke ]