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Die syrische Braut

Familienturbulenzen im Niemandsland

Liebe versetzt Grenzen? Nun, von Liebe kann schon mal nicht die Rede sein. Zumal Mona ihren Zukünftigen bisher nur aus dem syrischen Fernsehen kennt, wo er eine Comedy-Größe ist. Die Familie hat«s arrangiert, das heißt: die Männer. Es soll eine Drusenhochzeit werden. Die Rede ist von einer kleinen, traditionsbewußten muslimischen Religionsgemeinschaft. Doch das nur nebenbei. Liebe oder nicht: die Braut traut sich trotzdem. Es gibt da nur noch ein viel größeres Problem - die verdammte Bürokratie. Er lebt in Syrien, sie auf den Golanhöhen. Überschreitet sie die Grenze, verliert sie ihre israelische Staatsangehörigkeit, die sie streng genommen nie gehabt hat, und muß für immer Abschied nehmen.

Kein Zurück also und dazu noch jede Menge Aufregung und tragikomische Turbulenzen. Der Vater droht an der Grenze wegen prosyrischer Aktivitäten verhaftet zu werden, der Sohn lebt nach drusischer Anschauung in Schande usw. Das Personenkarussell wird angeschoben. In dessen Mitte kämpft Monas ältere Schwester Amal, verkörpert durch die mittlerweile international bekannte Hiam Abbas, gegen erstarrte Konventionen und für Versöhnung, eine würdige Hochzeit sowie das Recht der Frauen, ihren eigenen Weg zu gehen.

Eine Hochzeit ist immer gut, mag Regisseur Eran Riklis sich dabei gedacht haben. Die Filmgeschichte gibt ihm Recht. Und er selbst beweist es auch. Die ganze zerstrittene Sippschaft kommt zusammen, und dann müssen die Konflikte einfach ausgetragen werden - wenn auch auf dem Rücken der Braut. Da liegen Komik und Dramatik nahe beieinander. Doch der Film geht noch einen Schritt weiter und plaziert die familiären Probleme geschickt im kulturellen und politischen Umfeld. Das verleiht den abstrakten Bedingungen auf den Golanhöhen ein durch und durch menschliches Gesicht und ist dabei alles andere als Nischen-Kino. Kurz: handfeste Konflikte, dynamische Handlung - aber nicht zu überdreht - gute Darsteller und eine letzte Einstellung auf die syrische Braut, die einfach alles sagt. Doch die wird nicht verraten.

Originaltitel: THE SYRIAN BRIDE

Israel/D/F 2004, 97 min
Verleih: Timebandits

Genre: Tragikomödie

Darsteller: Hiam Abbas, Makram J. Khoury, Clara Khoury

Regie: Eran Riklis

Kinostart: 24.03.05

[ Lars Meyer ] Im Zweifelsfall mag Lars lieber alte Filme. Seine persönlichen Klassiker: Filme von Jean-Luc Godard, Francois Truffaut, Woody Allen, Billy Wilder, Buster Keaton, Sergio Leone und diverse Western. Und zu den „Neuen“ gehören Filme von Kim Ki-Duk, Paul Thomas Anderson, Laurent Cantet, Ulrich Seidl, überhaupt Österreichisches und Skandinavisches, außerdem Dokfilme, die mit Bildern arbeiten statt mit Kommentaren. Filme zwischen den Genres. Und ganz viel mehr ...