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Dieses Jahr in Czernowitz

Konzeptloses Grübeln über die Heimat

Der Dokumentarfilmer Volker Koepp ist ein Wiederholungstäter oder besser gesagt: ein Rückkehrer. Über zwanzig Jahre drehte er in der Mark Brandenburg. Nach HERR ZWILLING UND FRAU ZUCKERMANN ist jetzt zum zweiten Mal die Bukowina Gegenstand seiner filmischen Betrachtungen über Land und Leute. Ein Wiedersehen mit der ukrainisch-rumänischen Grenzstadt Czernivzi, Czernowitz. Heimatstadt Rose Ausländers und Paul Celans, mit einer wechselhaften Geschichte und der Erinnerung an eine lebhafte, im Krieg zerstörte jüdische Kultur. Und, so heißt es, einstmals Ort der Toleranz und der fünf Sprachen.

Dieses Mal geht Koepp jedoch auf Spurensuche in der ganzen Welt: in Berlin, in Wien, in New York. Überall stößt er auf Menschen, die ihre Heimat verlassen mußten. Vertriebene und Nachgeborene, deren Wurzeln in Czernowitz liegen. Vor der Kamera sprechen sie über ihre Erinnerungen und über ihre Vorstellungen von Heimat, um anschließend mit dem Regisseur an den Ursprungsort ihrer Gedankenwelt zurückzukehren.

In der freien Verknüpfung von Lebenserinnerungen berührt der Film auch allgemeingültige Themen wie Emigration, Identität und Sprache. Allerdings bleibt dieser Diskurs allzu frei und unverbindlich. Daß sich unter die Czernowitzer im Geiste mit Harvey Keitel auch ein Prominenter verirrt hat, macht das Konzept nicht wirklich schlüssiger. Statt dessen läßt Koepp sich Zeit und die Kamera bei Wind und Wetter laufen. Über zwei Stunden umkreist er sein Thema, ohne den Sack zuzuziehen.

Das verlangt vom Zuschauer viel Unvoreingenommenheit und Neugier. Wem es nicht gelingt, sich in die Stimmung der einzelnen Szenen hineinzuversetzen, dem geht im luftleeren Raum deutlich vor Filmende der Atem aus. Zumal nur wenige Szenen eine starke emotionale Wirkung entfalten. So behält der Film trotz Liebe zu den Menschen etwas lähmend Theoriehaftes.

D 2004, 134 min
FSK 0
Verleih: Salzgeber

Genre: Dokumentation

Regie: Volker Koepp

Kinostart: 17.06.04

[ Lars Meyer ] Im Zweifelsfall mag Lars lieber alte Filme. Seine persönlichen Klassiker: Filme von Jean-Luc Godard, Francois Truffaut, Woody Allen, Billy Wilder, Buster Keaton, Sergio Leone und diverse Western. Und zu den „Neuen“ gehören Filme von Kim Ki-Duk, Paul Thomas Anderson, Laurent Cantet, Ulrich Seidl, überhaupt Österreichisches und Skandinavisches, außerdem Dokfilme, die mit Bildern arbeiten statt mit Kommentaren. Filme zwischen den Genres. Und ganz viel mehr ...