Originaltitel: IT WAS JUST AN ACCIDENT
Iran/F/Luxemburg 2025, 105 min
Verleih: MUBI
Genre: Drama, Thriller, Komödie
Darsteller: Vahid Mobasseri, Maryam Afshari, Ebrahim Azizi, Hadis Pakbaten
Regie: Jafar Panahi
Kinostart: 08.01.26
Wie darf es um den Humor in iranischen Filmen bestellt sein, wenn sie unter bekanntermaßen brenzligen Bedingungen entstanden sind und gravierende Themen zum Inhalt haben? Regisseur Jafar Panahi – wer, wenn nicht er, repräsentiert auf exponierte Weise das Kino seiner Heimat – hatte mit Streifen wie OFFSIDE und TAXI TEHERAN die beste Antwort parat. Humor darf sein, gern gehüllt ins Absurde! Es hat noch immer funktioniert.
Auch Panahis aktuelle Cannes-Palme EIN EINFACHER UNFALL offeriert einige fast slapstickartige Momente. Dann, wenn er die iranische Gesellschaft in Scheinwerfern spiegelt, und Schein meint hier Geldschein als Bakschisch. Da fordern Polizisten galant ein wenig Kleingeld (es geht natürlich auch per Karte), der Tankwart greift so gern zu wie die Straßenkapelle, und auch im Krankenhaus muß zur Geburt eines Kindes ordentlich gespendet werden – dem Personal. Selbst einige Szenen im Kleintransporter mit Braut und Bräutigam, drei Folteropfern und dem vermeintlichen Täter in einer Holzkiste, in Ohnmacht versetzt durch Substanzen, hat durchaus Potential für Erheiterung. Der Handlungsfaden aber ist rot vor Blut, geflossen aufgrund menschlicher Grausamkeiten in einem politischen Regime.
Dieses Quietschen! Vahid will eigentlich nur helfen, doch das Geräusch lähmt ihn spontan. In der Nacht kam ausgerechnet vor seiner Werkstatt ein Auto zum Stehen, nach Unfall mit einem Hund. Gesehen hat Vahid den Fahrer noch nicht, aber gehört. Dieses Qietschen der Prothese beim Gehen! Ist es Eghbal, das Holzbein, Vahids Peiniger aus dem Gefängnis? Der Mann, der ihn schlug und schlagen ließ, so sehr, daß Vahid nun krumm läuft, sich den Rücken hält und man ihn Gießkanne nennt? Vahid ist wie elektrisiert, kidnappt „seinen“ Eghbal am folgenden Tag, lädt ihn in den Transporter, schaufelt ihm in der Wüste ein Grab, wirft ihn lebendig hinein und bekommt Gewissensbisse, Fragen, Irritationen. Sucht also einstige Mitgefangene auf, will, daß sie ihn, der sich in der Grube so heftig dagegen wehrte, Eghbal zu sein, demaskieren. Das Ganze kann nur eskalieren. Wird eskalieren.
Motivisch ist es wieder das quälend-suchende Kreisen beim Aufdecken einer Identität. Auch diesen Film Panahis schüttelt man nicht flugs aus der Jacke. Diesmal allerdings liegt es sogar daran, daß man sich nicht sicher ist, ob er ihm wirklich so gelungen ist, wie man es gern möchte.
[ Andreas Körner ]