Originaltitel: DOUBT

USA 2008, 104 min
Verleih: Disney

Genre: Drama

Darsteller: Meryl Streep, Philip Seymour Hoffman, Amy Adams

Regie: John Patrick Shanley

1 Bewertung

Glaubensfrage

Ein Duell von einiger Würde

Nein, Meryl Streep möchte man nicht als Gegnerin haben, wahrlich, schon gar nicht, wenn sie die gestrenge Direktorin einer katholischen Schule in der Bronx ist. Hingegen sollte man Meryl Streep in ihrer Nonnenrolle unbedingt als Gegnerin von Philip Seymour Hoffman in der Rolle eines Pastors sehen. Er ist einer jener Schauspieler, die geradezu ein Garant für gute Rollen und starke Filme zu sein scheinen. Das amerikanische Kino zeigt sich von seiner besten Seite – mit einem würdigen Duell, großer Schauspielkunst und einem gut geschnürten Bündel moralischer Grundsatzfragen.

Es geht dabei keinesfalls um Katholizismus. Auch wenn Regisseur und Autor John Patrick Shanley die amerikanische Reformbewegung der katholischen Kirche der 60er Jahre als Hintergrund wählt und mit wenigen Details ein passendes Ambiente zimmert. Pater Flynn gehört zu den Reformern, die sich der Welt öffnen wollen. Schwester Beauvier ist von der alten Schule und fordert Disziplin. Und die junge Schwester James steht dazwischen, als Spielball und als Angebot ans Publikum, das ebenfalls zwischen den Stühlen sitzt. Die kriminalistische Frage ist, ob Pater Flynn sich unsittlich einem farbigen Jungen genähert hat. Es gibt lediglich Vermutungen, keine handfesten Beweise, und es ist die große Kunst des Films, uns diese auch vorzuenthalten und eine Stellungnahme für oder gegen Flynn und seine Herausforderin allein zur Glaubensfrage zu machen. Woher aber nehmen die Menschen ihre Sicherheit, und wie schützen sie sich vor Zweifeln? DOUBT, so auch der Originaltitel.

Um dieses Spannungsfeld aufrecht zu erhalten und auf mehreren Ebenen zu bespielen, mußte der Film unbedingt facettenreiche Charaktere schaffen, die einen bis zum Ende immer wieder überraschen können. Das ist mit Hilfe der Schauspieler zweifellos gelungen. Shanleys eigene Leistung besteht darin, sein Broadway-Stück weg von der Bühne geholt und filmisch adäquat übersetzt zu haben. Auch wenn die Dialoge weiterhin eine große Rolle spielen, gibt er den Bildern, den Einstellungen, Stimmungen und Blicken Raum und erzählt dabei sogar wunderbar ruhig und gelassen.

Nur an wenigen Stellen verliert der Film seine Contenance. Vom Stück hat er das vermutlich Beste übernommen – den Humor und die scharfe Zunge der Nonne, die von sich selber sagt: „Es gehört zu meinen Aufgaben, gerissener als der Fuchs zu sein.“

[ Lars Meyer ] Im Zweifelsfall mag Lars lieber alte Filme. Seine persönlichen Klassiker: Filme von Jean-Luc Godard, Francois Truffaut, Woody Allen, Billy Wilder, Buster Keaton, Sergio Leone und diverse Western. Und zu den „Neuen“ gehören Filme von Kim Ki-Duk, Paul Thomas Anderson, Laurent Cantet, Ulrich Seidl, überhaupt Österreichisches und Skandinavisches, außerdem Dokfilme, die mit Bildern arbeiten statt mit Kommentaren. Filme zwischen den Genres. Und ganz viel mehr ...