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Höllentour

Vom härtesten Radrennen der Welt

Nur die Besten würden überleben, sagt Eule. Der Mann mit aschenbecherdicken Brillengläsern muß es wissen, er ist Masseur der Radprofis vom Team Telekom. Dann werden Felgen geeicht, Sattel bespannt, Pedale festgeschraubt. Männer in hautengen Trikots konzentrieren sich noch einmal. Schließlich der Startschuß. Wir sind mittendrin im Wahnsinn.

Dramatisch, dramatisch, wie HÖLLENTOUR beginnt, Pepe Danquarts Dokumentation über die 100. Tour de France im vergangenen Jahr. Wummernde Beats, zuckende Bilder, die über die Leinwand jagen, als würden sie schon das berühmteste Radrennen der Welt austragen. Ein Versuch, die Atemlosigkeit vom Asphalt auf die Leinwand zu transportieren. Prinzip begriffen, Danke.

Der Fokus des Films liegt auf dem Team Telekom, seit Januar 2004 T-Mobile Team, um genau zu sein auf Erik Zabel. Er kokettiert sichtlich mit der Kamera, entpuppt sich aber als ein überraschend sympathischer Gesprächspartner. Mit seinem langjährigen Mannschaftsgenossen Rolf Aldag verbindet ihn Freundschaft. Sie werden die Protagonisten sein im Film, der den Etappen der Tour chronologisch folgt.

Nun tut sich das erste Manko auf. Mit dem energischen Einstieg stellt sich Regisseur und Autor Danquart selbst ein Bein. Er hat in den ersten fünfzehn Minuten alles erzählt, von Erfolgen und Niederlagen berichtet. Zwar schaffen Interviews, historische Anekdoten und immer wieder brutale Spannungsmomente einen Rahmen. Doch gerade der Endspurt ermüdet enorm, ganz wie beim porträtierten Rennen selbst. Nun kann es aber kein Vorhaben sein, die Ausdauer des Zuschauers zu testen.

Eine Überraschung gelingt HÖLLENTOUR mit neuen Blickwinkeln und Bildern. Die konsequente Ästhetik und interessanten Momentaufnahmen unterscheiden die Dokumentation von den bekannten Fernsehbildern. Leider versäumt es Danquart, auch nur einmal die Thematik anzureißen, warum dieses Rennen eine Männerdomäne ist. Eigentlich fällt es ja auf, daß zwei Stunden lang Frauen höchstens winkend am Straßenrand stehen. Und vor Till Brönners penetrantem Saxophonkleister auf der Musikspur kann man eigentlich nur davonradeln.

Der Sport "der den Zuschauer adelt", erobert die Leinwand - mit tollen Bildern und einem sympathischen Helden. Erik Zabel begutachtet seine Wunden: "Warum bin ich nicht einfach Surfer geworden?". Aber Erik, dann wäre diese HÖLLENTOUR nur halb so interessant.

D/CH 2004, 120 min
Verleih: NFP

Genre: Dokumentation

Regie: Pepe Danquart

Kinostart: 01.07.04

[ Roman Klink ]