D 2019, 92 min
FSK 12
Verleih: imFilm

Genre: Drama

Darsteller: Emilie Neumeister, Ludwig Simon, Andreas Döhler, Lisa Hagmeister, Uwe Preuss

Regie: Florian Aigner

Kinostart: 07.11.19

1 Bewertung

Im Niemandsland

Frust ohne Leidenschaft

Der hat uns gerade noch gefehlt! Es ist nicht mal sarkastisch gemeint, daß ein leidenschaftliches Drama über die knappe Zeit zwischen Maueröffnung und Tag der Einheit im Portfolio mit deutschen „Wendefilmen“ wirklich passen könnte. Wenn es paßt. IM NIEMANDSLAND paßt nicht und hat uns deshalb bis heute nicht gefehlt.

Regiedebütant Florian Aigner, Westberliner und damals 15, klammert die Wochen eng, geht in den Sommer vor der Währungsunion hinein, läßt am Beginn die 16jährige Katja mit ihrem Vater Stellung im ex-grenznahen Kleinmachnow beziehen. Nicht auf dem Zeltplatz dort, sondern im Wohnwagen in einer ruhigen Seitenstraße. Vorher hängen sie noch Opa auf. Als Poster. Es ist stoischer Protest vor dem einstigen Familienhaus, das Opa offiziell nie verkauft hat, das ihm einfach genommen wurde, als er mit der Familie in den Westen geflüchtet ist. Pure Enteignung.

Jetzt wohnt der DDR-Chef der Bauakademie mit desillusionierter Frau und jugendlichem Sohn hier. 86 000 Westmark, wenn sie kommt, will er bezahlen, damit Ruhe einkehrt. Für IM NIEMANDSLAND ist es ein interessanter Ansatz mit Potenzen. Selbst, daß sich Katja sofort in Thorben, den Sohn, verliebt, in die Schußlinien zwischen Privatfronten und in eigene Orientierungslosigkeit gerät, hätte eine Verknüpfung mit der interessanten Grundidee vertragen. Leider nur wollte den Regisseur keiner so recht bremsen, als er sein eigenes Drehbuch aufgepumpt und kein Ende mehr gefunden hat.

Arg ziellos und oft oberflächlich packt Aigner so gut wie alles hinein, dessen er mit Recherche, eigenem Erleben und Referenz (mit warmen Worten an die DEFA) habhaft werden konnte. Auch bei ihm laufen die bis zum Aufstoßen gesehenen Fernsehbilder von damals als essentieller Bestandteil, so, als bedürfe es „bewiesenen“ Erinnerns. Noch schwieriger aber ist, daß Aigner faktische Zeitgeschichte und fiktive Biographien so extrem komprimiert hat, daß keine Figur markante, nahegehende Kontur bekommt. Nicht im ersten Lieben der Jungen oder Seitenspringen der Eltern, nicht im Hadern mit Realitäten heute oder Frust wegen gestern. Und erst recht nicht, wenn der kumpelhafte Handballtrainer auch nur bei der Stasi war.

IM NIEMANDSLAND entspringt jener Schublade, die in der Bundeszentrale für politische Bildung gern gezogen wird, wenn es um „Typisches“ gehen soll. Kein Wunder, daß er schon dort gelandet ist.

[ Andreas Körner ]