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Im Sog der Nacht

Echt deutsch, echt analytisch

Die Deutschen und das Genrekino. Kann man das ohne Stoßseufzer sagen? Gut, grübeln wir hier jetzt nicht darüber, warum abgesehen von Bully-Herbig- und Ohrlose-Hasen-Komödien (die, ähnlich der TV-Comedy-Schwemme, ja auch nur beweisen, daß ein Volk, das viel lacht, nicht zwangsläufig Humor haben muß) deutsches Genrekino eigentlich nicht existiert. Schauen wir stattdessen einfach nur auf einen Film wie IM SOG DER NACHT.

Darin versucht sich Loser Roger mit einer Flinte ob seines Loserdaseins den Schädel wegzupusten. Was schief geht (Loser eben) und durch den begleitenden Knall Chris und dessen Geliebte Lisa auf den Plan ruft. Zwei ganz Wilde, die den Lebensmüden mit Lebenslust ab sofort wieder aufpäppeln. Und den armen Tor dabei so sehr in den Bann ziehen, daß der sich zu einem folgenschweren Plan überreden läßt. Eine Bank soll ausgeraubt werden. Erst Kohle ohne Ende, dann ein Leben als ebensolche Party. Und alles todsicher, klar. Der Genrekenner weiß freilich sofort, daß das alles gründlich schief geht. Daß das Geld zwar irgendwann in der Tasche der Möchtegernganoven ist – aber Blut daran klebt. Blut, das Chris immer häufiger vergießt. Nur kann Roger da schon nicht mehr zurück. Und warum wohl? Richtig – er hat sich in Lisa verknallt.

IM SOG DER NACHT ist wieder mal ein Regiedebüt und ganz sicherlich kein schlechtes. Mit 86 straffen, effizient inszenierten Minuten, durchweg guten Schauspielern und einer Geschichte, die allzu bekannt beginnt und durchaus überraschend endet. So weit, so gut. Nur konnte Regisseur Markus Welter nicht der Versuchung eines psychologischen Erzählens wiederstehen. Was eigentlich ja kein Problem ist. Wenn man es kann. Welter kann es nicht.

Sein Film funktioniert, wenn er in Bewegung ist, wenn er Aktion (nicht nur, aber auch im Sinne von „Action“) bietet. Ein Streit in einer Disko, der aus dem Ruder laufende Banküberfall, die Flucht über die Schweizerisch-Deutsche Grenze. In der Dynamik geht IM SOG DER NACHT auf. Hält er inne – beim tagelangen Verstecken in einer Berghütte, bei Dialogen, die die Befindlichkeit der Figuren, ihrer Motive, ihr Verhältnis untereinander analysieren – versagt er. Auch weil das alles tönern bleibt. Und weil – um beim Genre zu sein – ein Thriller wie dieser schnelle, grobe, gleichwohl genaue und treffende Striche braucht, die die Figuren umreißen und nicht ergründen, also enträtseln. Andeuten, aber nicht erschöpfen – so geht das, mit dem Genre.

D/CH 2009, 86 min
Verleih: Falcom

Genre: Action, Drama, Thriller

Darsteller: Nils Althaus, Lena Dörrie, Stipe Erceg, Urs Bihler, Samuel Weiss

Regie: Markus Welter

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.