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In The Darkroom

Die Frau des Schakals

Ilich Ramirez Sánchez war einer der meistgesuchten Terroristen der Welt. Und ein Volksheld. 2010 kam das Fünfeinhalbstunden-Epos CARLOS – DER SCHAKAL von Olivier Assayas in die Kinos, das die Geschichte einer der berüchtigsten kriminellen Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts opulent in Szene setzte. Der Dokumentarfilm IN THE DARKROOM widmet sich nun, etwas leiser, aber nicht weniger spannend, der Frau an seiner Seite, der Deutschen Magdalena Kopp.

Der Arbeit an diesem Projekt sah der israelische Regisseur Nadav Schirman zuerst sehr skeptisch entgegen. Immerhin war Kopps Vater Nazi, während fast die gesamte Familie von Schirman im Konzentrationslager umgekommen ist. Zudem sah er sich einer Frau gegenüber, die aktiv palästinensische Terrorgruppen unterstützte. Diese schicksalhaften Bande jenseits des Filmprojekts haben das Ergebnis auf der Leinwand extrem beeinflußt. Die Interviewsituationen mit Magdalena Kopp sind ein dokumentarisches Ereignis. Selten bekommt man derart emotional intime Momente durch eine Filmkamera präsentiert. Wir sehen eine Frau, die bereut, die sich während der Dreharbeiten teils wie bei einer Beichte, teils wie bei einem Gerichtsprozeß verhält. Die sich der Geschichte, von der sie ein Teil war, stellen wollte und nie konnte. Bis heute.

In einer konservativen bayrischen Kleinstadt geboren, treibt sie die Sehnsucht nach einem anderen Leben in die 68er-Protestbewegung in Frankfurt. Ihr Talent im Dokumentefälschen macht sie zum Teil einer terroristischen Untergrundbewegung. Dort begegnet sie Carlos. Zuerst noch völlig abgestoßen von seiner Art, folgte sie ihm wenige Jahre später doch ins Ausland und ließ ihren Mann und ihre erste Tochter in Deutschland und im Ungewissen zurück. Ihr Leben bestand nun aus Trainingslagern im Jemen, Luxushotels in Damaskus und internationalen Intrigen. Während Carlos mit den Geheimdiensten der Welt verhandelte und im Auftrag verschiedenster Regierungen Bombenattentate verübte, versuchte sie, mit der gemeinsamen Tochter Rosa ein Familienleben aufrechtzuerhalten.

Opfer oder Täterin? Diese Frage schwebt wie der dunkle Soundtrack immer wieder durch die Bilder. Bereits in seinem mehrfach ausgezeichneten ersten Film DER CHAMPAGNER SPION erzählt Schirman eine Familiengeschichte vor dem Hintergrund internationaler krimineller Beziehungen. Und wie dort schafft er es auch hier, den Überblick zu behalten, eine Meisterleistung angesichts der komplizierten Verstrickungen und vielen Erzählstränge.

D/Israel/Finnland/Rumänien/I 2012, 90 min
FSK 12
Verleih: Real Fiction

Genre: Dokumentation, Polit

Stab:
Regie: Nadav Schirman
Drehbuch: Nadav Schirman

Kinostart: 26.09.13

[ Marcel Ahrenholz ] Marcel mag Filme, die sich nicht blind an Regeln halten und mit Leidenschaft zum Medium hergestellt werden. Zu seinen großen Helden zählen deshalb vor allem Ingmar Bergman, Andrej Tarkowskij, Michelangelo Antonioni, Claude Sautet, Krzysztof Kieslowski, Alain Resnais. Aber auch Bela Tarr, Theo Angelopoulos, Darren Aronofsky, Francois Ozon, Jim Jarmusch, Christopher Nolan, Jonathan Glazer, Jane Campion, Gus van Sant und A.G. Innaritu. Und, er findet Chaplin genauso gut wie Keaton ...