Originaltitel: CRASH

USA/D 2004, 113 min
Verleih: Universum

Genre: Episodenfilm, Drama, Schicksal

Darsteller: Sandra Bullock, Don Cheadle, Matt Dillon, Thandie Newton, Jennifer Esposito, Brendan Fraser, Ryan Phillippe

Stab:
Regie: Paul Haggis
Drehbuch: Paul Haggis

Kinostart: 04.08.05

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L.A. Crash

Leben – oder so ähnlich

Eigentlich ist es doch nur Los Angeles und trotzdem ein eigenes Universum: Hier können schon 5jährige Mädchen Schußgeräusche von einer Fehlzündung unterscheiden. Cop Ryan belästigt eine farbige Frau, deren Mann dies verschüchtert geschehen läßt. Derweil ärgert sich High-Society-Schnepfe Jean über die Haushälterin und erkennt fast zu spät, daß ihr Leben aus lauter Lügen besteht, während parallel dazu eine persische Immigranten-Familie notfalls mit Waffengewalt darum kämpft, nicht elend zu verrecken. Am anderen Ende der Stadt gehen zwei Jugendliche auf Raubzug und philosophieren über Rassismus. Und irgendwann wird Detective Waters zum Schauplatz eines Verbrechens gerufen, dessen Opfer ein Junge, fast noch ein Kind, ist. Ganz nebenbei diskriminieren, ja, bekämpfen sich Schwarze, Weiße und Chinesen mit durchschlagendem Erfolg. Vollkommen alltägliche 36 Stunden in dieser Metropole, welche einem Pulverfaß gleicht.

Was in der inhaltlichen Aufzählung ziemlich plakativ klingt, ist tatsächlich nicht bloß weit davon entfernt, sondern auch ein Meisterstück des Episodenfilms. Regisseur und Autor Paul Haggis betrachtet zwar Menschen in L.A., meint aber eigentlich Amerika, vielleicht sogar die Welt. Er entlarvt selbstmitleidige Angst als Paranoia, stellt politische Irrungen in Frage, prangert übersteigerten Nationalstolz an und zeichnet seine Figuren teils abstoßend unsympathisch. Allerdings nur, um ihnen im nächsten Augenblick wieder zutiefst menschliche Züge zu verleihen, sie durch ein ständiges Wechselbad der großen Gefühle zu schicken.

Für den Zuschauer bedeutet dies Mitfiebern, Verkrallen im Kinosessel und möglicherweise die eine oder andere Träne. Weil Haggis so virtuos auf der Klaviatur aus Trauer, naiver Hoffnung und vor allem echten Emotionen spielt, daß man sich dem Geschehen einfach nicht entziehen kann. Das Finale findet einige Protagonisten geläutert, andere schwer gezeichnet oder schlimmstenfalls tot vor. Und spätestens dann bringt L.A. CRASH seine Botschaft auf den Punkt: Mag sein, daß wirklich jeder für sich allein stirbt, aber bis dahin ist noch genug Zeit, die Augen zu öffnen, über den Tellerrand zu schauen und jeden einzelnen verdammten Tag zu nutzen.

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...