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Las Insoladas

Frauen, Buenos Aires, 40 Grad im Schatten

Nach dem Bechdel-Test, der Auskunft über die Darstellung der Frau im Film Auskunft geben soll, übererfüllt dieser heiße Streifen alle Kriterien, die einen Spielfilm zum frauenfreundlichen machen. Erstens: Es gibt gleich sechs Frauen zu sehen, die alle einen eigenen Namen tragen und demgegenüber keinerlei Männer. Nur einen männlichen Hund, den aber nur eine Frau mag. Zweitens: Ebendiese Frauen sprechen ununterbrochen miteinander, und drittens eigentlich nur am Rande über Männer.

Demgegenüber steht eine schon fast überspitzte Stereotypisierung der Heldinnen und ihrer Weiblichkeit in der Bildsprache. Denn hauptsächliches Merkmal aller Figuren ist, daß sie den ganzen Film im Bikini herumlaufen oder vielmehr -liegen, sich einölen und in der Sonne grillen, um richtig schön braun zu werden. Das wird dann von Gustavo Taretto gerne auch mal mit Nahaufnahmen auf schweißperlende trainierte Bäuche inszeniert, was dann ein bißchen wie aus der Langnese-Werbung der 90er wirkt. Unterhalten wird sich dazu ebenfalls ausführlich über die Sonne und ihre antidepressive Wirkung, ja sogar über die fehlende Sonne, denn eigentlich wollen alle endlich mal in ein wirklich warmes Land. Als Reiseziel wird dann Kuba auserkoren, und dieses Ziel wird zum Plot: Sechs argentinische Freundinnen, die zusammen Salsa tanzen, sonnen sich am 30. Dezember 1995 auf einem Dach, weil ihnen das Geld fehlt, um in die Ferne zu reisen. Dort entwickeln sie in langwierigen Gesprächen einen wirklich teamfähigen Plan, wie sie doch nach Kuba fahren können. Wenn eine mal nicht da ist, lästern die anderen über sie. Und weil wir in den 90ern sind, gibt es sehr große Mobiltelefone, und es wird das Wort „VHS-Kassette“ gebraucht.

Da sich die Handlung aufgrund mangelnder Spannung, Motivwechsel und wirklich interessanter Gespräche dermaßen in die Länge zieht, beginnt man sich selbstkritisch die Frage zu stellen, ob man das subversive Potential dieses Filmes nicht wirklich erkennt, wegen anderer kultureller Prägung oder mangelnder Sonne oder so. Taretto zeigt immerhin Frauen der arbeitenden Klasse (gut, eine ist Studentin), die ihrem anscheinend ziemlich perspektivlosen Leben in Argentinien entkommen wollen.

Und in Gedanken von einer Pauschalreise zum Auswandern in Richtung Kommunismus schreiten. Das Ganze in knalligen Farben. Und die Frauen sind die ganze Zeit halbnackt. Bitte, Alison Bechdel, helfen Sie hier weiter.

Originaltitel: LAS INSOLADAS

Argentinien 2014, 102 min
FSK 0
Verleih: Real Fiction

Genre: Komödie

Darsteller: Marina Bellati, Elisa Carricajo, Luisana Lopilato, Carla Peterson

Regie: Gustavo Taretto

Kinostart: 03.09.15

[ Susanne Schulz ]