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More Than Honey

Das Honigbrötchen als Mundraub

Regisseur Markus Imhoof macht sich in MORE THAN HONEY auf die Suche nach den Gründen für eine apokalyptische Entwicklung. Seit einigen Jahren sterben weltweit die Bienen. Niemand weiß warum, und niemand hat ein Rezept, wie dem Sterben Einhalt geboten werden könnte. Auch Markus Imhoof hat vor allem Fragen, und er bereist die ganze Welt auf der Suche nach Antworten. Er besucht industrialisierte Honigfarmen, Bienenzüchter, die lebende Königinnen per Post in die ganze Welt versenden, und chinesische Pollenhändler, die in chemieverseuchten Gegenden, in denen keine Insekten mehr existieren, dafür sorgen, daß die Apfelbäume von Hand bestäubt werden. Spätestens hier wird klar: Wenn die Bienen sterben, wird es uns nicht nur am Honig fehlen. Mehr als ein Drittel von dem, was wir essen, gäbe es nicht ohne Bienen.

Bald wird ein Muster sichtbar. Seit Jahrhunderten hat der Mensch die Bienen auf ihren (wirtschaftlichen) Nutzen reduziert. Auch wenn das so gar nicht zu frei herumsummenden Bienen passen mag – sie werden möglichst gewinnbringend beeinflußt, gezüchtet und gedopt. Es ist nicht ganz unproblematisch, daß die Filmcrew nun teilweise ähnlich handeln mußte, um zu den spektakulären Aufnahmen des Films zu kommen. Die Bienen wurden mit Duftstoffen und verschiedenen Tricks manipuliert, um Szenen wie die Begattung einer Königin im Flug drehen zu können. Spätestens hier wird deutlich, warum konsumkritische Filme wie dieser immer eine Gratwanderung bleiben (müssen). Einerseits prangert der Film die Manipulation der Bienen an, andererseits kommt er selbst nicht ohne sie aus. Imhoof ist klug genug, solche Ambivalenzen zu thematisieren. Dadurch macht er eindringlich deutlich, wie kompliziert es in einer verfahrenen Situation sein kann, das Richtige zu tun – als Imker genauso wie als Filmemacher.

Für einen Lichtstreif am Horizont sorgen – wie so oft im Kino – die Outlaws. In diesem Fall sind das die sogenannten „Killerbienen“, die als Ergebnis eines Laborversuchs widerstandsfähiger, aber auch deutlich aggressiver sind als herkömmliche Bienen. Der amerikanische Imker Fred Terry, der sich auf Killerbienen spezialisiert hat, erzählt mit strahlenden Augen, daß ihm mal wieder ein Schwarm entwischt ist und sich ein neues Nest in einer abgelegenen Felsspalte gebaut hat. Bienen mit einem eigenen Kopf, das ist auch ganz nach dem Geschmack Imhoofs, der mit einem sehr persönlichen Zungenschlag durch den Film führt. Er will seine eigene Faszination für Bienen weitergeben, wie es sein Großvater bei ihm getan hat. Mit diesem Film könnte ihm das gelingen.

CH/D/Österreich 2011, 91 min
FSK 0
Verleih: Senator

Genre: Dokumentation, Natur

Regie: Markus Imhoof

Kinostart: 15.11.12

[ Luc-Carolin Ziemann ] Carolin hat ein großes Faible für Dokumentarfilme, liebt aber auch gut gespielte, untergründige Independents und ins Surreale tendierende Geschichten, Kurzfilme und intensive Kammerspiele. Schwer haben es historische Kostümschinken, Actionfilme, Thriller und Liebeskomödien ... aber einen Versuch ist ihr (fast) jeder Film wert.