Originaltitel: PERSIAN LESSONS

D/Weißrußland 2020, 127 min
FSK 12
Verleih: Alamode

Genre: Drama, Historie

Darsteller: Nahuel Pérez Biscayart, Lars Eidinger, Jonas Nay, Leonie Benesch, Alexander Beyer

Regie: Vadim Perelman

Kinostart: 24.09.20

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Persischstunden

Farsi für Überlebende

Zehn Dosen Fleisch hat Klaus Koch gestiftet. Es ist die Prämie des Hauptsturmführers, sollte man ihm einen echten Perser besorgen. Keinen Teppich, sondern einen Gefangenen. Das Durchgangslager der Nazis, wo Koch dem Küchentrakt vorsteht, erreichen in steter Folge multinationale Juden, viele Franzosen und Italiener sind dabei. Drei Jahre lang wird der Zweite Weltkrieg noch Leben auslöschen, Zehntausende kommen allein von dort. Gilles kennt die Namen. Nicht alle, aber 2840 werden es sein, als er den Befreiern gegenübersitzt. Es ist also gutgegangen. Das mit der Lüge, die ihm auf dem Transport in den Sinn kam, um sein nacktes Leben zu retten. Ein Stück Baguette tauscht er gegen ein Buch mit persischen Mythen, dem Gemetzel im Wald entkommt Gilles, weil er seine belgische Herkunft verleugnet, sich Reza nennt, neue Wurzeln gibt und Kochs Lehrer für Persischstunden wird. Doch sein Vokabular ist Farsi für Überlebende.

Von Drehbuchautor Wolfgang Kohlhaase stammt die Vorlage, die Novelle „Erfindung einer Sprache“, die bereits als Hörspiel adaptiert wurde und sich dem Kino förmlich aufdrängt. Am ehesten kommt sie wohl dem Drama DER BOXER UND DER TOD von Peter Solan nahe, das ein spezielles Verhältnis zwischen einem KZ-Kommandanten und (s)einem Häftling beschreibt. Lüge gegen Leben gab es auch in Benignis DAS LEBEN IST SCHÖN und Mihaileanus ZUG DES LEBENS. Heftig diskutiert wurde danach immer. Auch der Film des jüdisch-stämmigen, in Kiew und Kanada aufgewachsenen Vadim Perelman hat schon einiges abbekommen. Daß es dabei noch immer ums „unnötige Humanisieren“ von Nazi-Schergen in Tateinheit mit der „Verharmlosung echten Leids“ geht, ist 2020 ein befremdlicher Effekt.

PERSISCHSTUNDEN bezieht Stärke aus dem ambivalent-kammerspielartigen Duell zwischen Gilles und Koch, das Nahuel Pérez Biscayart und Lars Eidinger bis an Grenzen ausreizen. Selten waren Untertitel essentieller als hier, wo sie immer wieder dieses Phantasie-Farsi zeigen, das sich Gilles aus den Buchstaben der Namen von Mitinsassen zurechtbastelt, und das Koch fleißig lernt, weil er, „wenn es vorbei ist“, nach Teheran gehen und ein Restaurant eröffnen will.

Schwach, und das muß man Perelmans Werk wirklich ankreiden, ist das offensichtliche Anheizen der Spannung durch seltsame Handlungsfäden innerhalb der deutschen Lagermannschaft. Das Konstruktive ist hier fühlbar. Es stört.

[ Andreas Körner ]