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Severance

Grotesk, geschmacklos, gehirnamputiert – genial

Aus Fehlern lernen können die wenigsten Menschen, kreative Vertreter unserer Spezies gleich gar nicht. Sofern es Regisseur Christopher Smith betrifft, verfügt der Mann allerdings über diese seltene Tugend. Man erinnert sich zwar noch schaudernd an sein Langfilmdebüt CREEP, die langweilige Splatter-Gurke, in der Franka Potente knietief im Blut watete, und schraubt jede Erwartung an den Nachfolger SEVERANCE zurück. Allerdings bloß, um eines Besseren belehrt zu werden.

In Sachen Handlung gibt es vorerst keine großen Sprünge zu vermelden: Eine Gruppe Bürohengste soll an einem Workshop zur Prüfung der Teamfähigkeit teilnehmen und fährt deshalb mitten hinein in den Wald. Das dort angeblich erbaute Luxusdomizil entpuppt sich jedoch als russische Ruine, zudem schleicht das Böse schlechthin durchs Gehölz und läßt es sich nicht nehmen, die Schreibtischtäter zu metzeln. Aus diesem Plot etwas Originelles zu machen, grenzt an Unmöglichkeit. Ergo bedient Smith einfach die üblichen Klischees, mixt sie aber immerhin clever genug zusammen, um halbwegs Spannung zu erzeugen. Als Sahnehäubchen obendrauf gibt es ein paar heftige, aber nie selbstzweckhafte Amputationen und ähnliche Späßchen, schon haben wir ein unterhaltsames Schlachtfest.

Aber das ist erst die halbe Wahrheit, denn Smith weiß zu überraschen: Bei aller Blutrünstigkeit funktioniert diese Mär vom Killer im Tann primär als perfekt getimte Komödie. So dürfen wir während einer Zigarettenpause lernen, daß Rauchen wirklich tötet, manchmal auch unschuldige Anwesende. Ein schreikomischer Moment! Ob grandiose Situationskomik, steinerweichend doofer Trash oder trockener Wortwitz – die Gags prasseln zunehmend schneller hernieder, das anfangs gemächliche Tempo steigert sich zum Chaotischen.

Am Ende steht an Stelle der öden Frage, wer aus welchem Grund Metzger spielte, die schwarzhumorige Überschreitung aller (Geschmacks-)Grenzen im Raum. Da hat beispielsweise eine stinkwütende Russin ihren großen Auftritt: Ebenso leicht bekleidet wie schwer bewaffnet hetzt sie über den Waldweg, um ... aber nein, das sollte man selbst erleben. Mister Smith, Sie sind rehabilitiert.

Originaltitel: SEVERANCE

GB 2006, 92 min
FSK 18
Verleih: Splendid

Genre: Horror

Darsteller: Danny Dyer, Laura Harris, Tim McInnerny, Toby Stephens, Claudie Blakley

Regie: Christopher Smith

Kinostart: 30.11.06

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...