Originaltitel: SILVANA – VÄCK MIG NÄR NI VAKNAT

S 2017, 91 min
FSK 0
Verleih: Rise And Shine

Genre: Dokumentation, Musik, Biographie

Regie: Mika Gustafson, Olivia Kastebring, Christina Tsiobanelis

Kinostart: 23.08.18

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Silvana

Amazone mit Lederjacke

Flüchtende Menschen ertrinken im Meer, in Europa ist ein zunehmender Rechtsruck spürbar. Auch in Schweden sind die rechtspopulistischen „Schwedendemokraten“ im vermeintlich seriösen Mittelfeld der Wählerschaft angekommen. Die Hip-Hop-Künstlerin Silvana Imam greift derweil zu ihrem Megaphon und attestiert den neuen alten Nazis „super kleine Schwänze.“

Das Filmemachertrio Mika Gustafson, Olivia Kastebring und Christina Tsiobanelis zieht gemeinsam mit der Rapperin in den Kampf gegen Rassismus, Homophobie und Patriarchat. Imam meint es persönlich, denn sie weiß, wovon sie singt. Als Kind kam sie mit ihrer Familie nach Schweden, ihre Mutter stammt aus Litauen, der Vater aus Syrien. Schon damals wollte sie kein braves Mädchen sein, trug Jungsklamotten und verliebte sich in andere Mädchen. Heute nutzt Silvana die Bühne, um für ihre Fans das „Role Model“ zu sein, das sie nie hatte, will die „männlich dominierte Perspektive“ aufbrechen.

Der Film zeigt aber auch ihren inneren, kräftezehrenden Zwiespalt zwischen öffentlich zugeschriebener Rolle und ihrem ganz privaten Ich. Ja, sie ist die Amazone mit Lederjacke und einem „Fickt-Euch-alle“ im Blick, aber sie ist eben auch die kichernde, junge Frau, die sich an ihre große Liebe, die schwedische Popsängerin Beatrice Eli, kuschelt. Spätestens, seit Imam und Eli ein Paar wurden, sind sie zu Leitfiguren der queer-feministischen Szene in Schweden avanciert. Das Konterfei der beiden ziert Busse und Werbebanner, keine Fernsehshow kommt mehr ohne sie aus. Sie sind gemeinsam als Paar und jede einzeln für sich mit ihrer Musik auf dem Olymp des Ruhmes angekommen. Feiern in gemeinsamen Auftritten ihre Liebe, und das verzückte Publikum skandiert: „Elimam.“

In einem organischen Mix aus Bühnenshows, Backstage-Impressionen und persönlichen Videotagebuchnotizen schälen die Regisseurinnen Schicht für Schicht eine verletzliche, intelligente, manchmal völlig überdrehte Frau heraus. Eine, die sich nicht auf ihre, immer wieder proklamierte, Stärke, ihr Geschlecht und ihre Anführerinnenqualität festlegen lassen will. Imam lebt und performt, was sie ist. Und die Welt giert nach Authentizität, echter Liebe. Dieser Film stillt diese Gier mit kraftvollen, poetischen Bildern.

So streift Silvana wie ein glamouröses, kampflustiges Raubtier, mit ihrem Megaphon bewaffnet, in Zeitlupe durch die Straßen und baut sich in dem Moment ihren Schutzraum. Um diesen im nächsten Moment bewußt einzureißen.

[ Susanne Kim ] Susanne mag Filme, in denen nicht viel passiert, man aber trotzdem durch Beobachten alles erfahren kann. Zum Beispiel GREY GARDENS von den Maysles-Brüdern: Mutter Edith und Tochter Edie leben in einem zugewucherten Haus auf Long Island, dazu unzählige Katzen und ein jugendlicher Hausfreund. Edies exzentrische Performances werden Susanne als Bild immer im Kopf bleiben ...