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Summer Wars

Im Zauberland 2.0

Oz – das Zauberland. In Mamoru Hosodas verrücktem Genremix aus Familienkomödie, Cyber-Thriller und Coming Of Age-Geschichte muß man, um dorthin zu gelangen, in keinen Tornado geraten. Es reicht ein einfacher Log-In. Oz bezeichnet eine virtuelle Stadt im World Wide Web, in der jeder registrierte User seinen Avatar durch eine bonbonbunte Zweitwelt dirigieren kann, wo von Partys feiern bis Steuern zahlen alles drin ist, was man bisher eher analog erledigte. Aber digital ist’s nun mal viel bequemer – weshalb auch beinahe die gesamte vernetzte Menschheit in dieser nicht allzu fernen Zukunftsvision Oz-Bürger ist.

So wächst es auch zur internationalen Krise an, als ein sich als Avatar „Lovemachine“ tarnender Eindringling das Sicherheitssystem knackt und im Zauberland nun wütet wie Lady Gaga im Dessousladen. Sehr zum Erschrecken Kenjis, des jugendlichen Helden dieses Animes, der dem Bösewicht aus Versehen den Zugang zum zentralen Nervensystem von Oz ermöglicht hat. Dabei ist Mathe-As Kenji völlig harmlos und hielt den ihm per E-Mail zugesandten Zahlencode für eine Kniffelaufgabe. Daß er nun als skrupelloser Internetpirat gesucht wird, könnte Kenji nicht ungelegener kommen, hat er sich doch gerade erst der skeptischen Großfamilie seiner Freundin Natsuki vorgestellt. Der Ferienaufenthalt auf dem Land bei Natsukis verrückten Verwandten gerät durch die Bedrohung Oz’ zum echten Härtetest, denn nun gilt es nicht nur, Natsukis Sippe von seiner Unschuld zu überzeugen, sondern auch den immer mächtiger werdenden Lovemachine aufzuhalten, dessen Machenschaften im Online-Zauberland bald sogar den Weltfrieden bedrohen.

Regisseur Mamori Hosoda nimmt sich nach seinem gefeierten Debüt DAS MÄDCHEN, DAS DURCH DIE ZEIT SPRANG mit SUMMER WARS einiges vor. Melodram, Sci-Fi-Thriller, Jugendkomödie – man kommt kaum nach mit Elementen, deren sich die große Anime-Nachwuchshoffnung Japans hier bedient. Als ungeschulter Zuschauer fernöstlicher Zeichentrickwerke mag man mitunter eine gewisse Reizüberflutung spüren und zunächst ob der vielen Handlungselemente und des rasanten Tempos leicht überfordert sein.

Dann heißt es: abschalten und sich mitreißen lassen vom wohl mit Phantasiereichsten und Übergeschnapptesten, was man im Kino derzeit so zu sehen bekommt. Der etwas andere Animationsfilm für die ganze Familie.

Originaltitel: SAMÂ WÔZU

J 2009, 114 min
FSK 12
Verleih: AV Visionen

Genre: Animation, Drama, Thriller

Stab:
Regie: Mamoru Hosoda
Drehbuch: Satoko Okudera

Kinostart: 12.08.10

[ Paul Salisbury ] Paul mag vor allem Filme, die von einem Genre ausgehen und bei etwas Neuem ankommen. Dabei steht er vor allem auf Gangsterfilme, Western, Satire und Thriller, gern aus der Hand von Billy Wilder, Sam Peckinpah, Steven Soderbergh, Jim Jarmusch, den Coen-Brüdern oder Paul Thomas Anderson. Zu Pauls All-Time-Favs gehören DIE GLORREICHEN SIEBEN, TAXI DRIVER, ASPHALT COWBOY, SUNSET BOULEVARD, POINT BLANK ...