Originaltitel: THE ROOM NEXT DOOR
USA/Spanien 2024, 107 min
Verleih: Warner
Genre: Drama
Darsteller: Julianne Moore, Tilda Swinton, John Turturro, Alessandro Nivola
Regie: Pedro Almodóvar
Kinostart: 24.10.24
Pedro Almodóvar hat zum ersten Mal mit einem Film den Hauptpreis eines A-Festivals gewonnen. Der Goldene Löwe, den man ihm in Venedig für THE ROOM NEXT DOOR verliehen hat, glich zwar inmitten eines Wettbewerbs mit viel ambitionierteren, radikaleren Filmen einer etwas bequemen Konsensentscheidung. Der späten, verdienten Ehre, die dem spanischen Kultregisseur damit zuteil wird, tut das dennoch keinen Abbruch.
In Deutschland konnte man zuletzt mit einem furios genreverspielten Kurzgeschichtenband Almodóvars literarisches Talent auskosten, und mit THE HUMAN VOICE und STRANGE WAY OF LIFE zwei starke kurze Formübungen im Kino sehen. Im Vergleich ist THE ROOM NEXT DOOR fast schon ein konservativer Film. Ein sogenanntes Alterswerk vielleicht. Vertraute Motive, alles ein bißchen brav, alles sehr pittoresk, wenig Risiko, aber keinesfalls altbacken oder belanglos, sondern auf routiniert hohem Niveau inszeniert.
Almodóvars erster langer englischsprachiger Film ist eine Konfrontation mit dem Sterben, die seinen Hauptdarstellerinnen Julianne Moore und Tilda Swinton die ganz große Bühne zum Glänzen bereitet. Moore spielt eine Autorin mit nervöser Todesangst, die ausgerechnet einer ehemaligen, inzwischen an Krebs erkrankten Freundin (Swinton) beim Suizid helfen soll. Also ziehen sich beide in ein abgeschiedenes Häuschen zurück, mit knallbunten Akzenten, wie oft bei Almodóvar, ausstaffiert. Ein belebter Einrichtungskatalog in leuchtenden Farben.
Die Szenen und Charakterstudien, die sich dort abspielen, sind hinreißend, mit subtilem Facettenreichtum dargeboten. Sie kreisen nicht nur um das eigene (künstlerische) Vermächtnis, sondern ebenso um die Frage nach dem Guten und Schönen per se in einer apokalyptisch anmutenden Zeit. THE ROOM NEXT DOOR ist eine humorvolle, tröstliche, rührende Romanadaption, die sich auch Kitsch wie rosa funkelnde Schneeflocken leisten kann, ohne albern zu sein. Durchzogen mit feinen Suspense-Noten in der Erwartung einer geschlossenen Tür, die das drohende Ende symbolisieren soll. Man könnte Swinton und Moore stundenlang zusehen, wie sie in der Sonne liegen, über das Leben ihrer Figuren sprechen oder Bücher kaufen. Und natürlich sind die raffiniertesten Drehbücher jene, die auch das vermeintlich Unausweichliche noch mit einem kleinen Twist zu versehen wissen.
[ Janick Nolting ]