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Zazy

Flieg’ nicht so hoch, mein kleiner Freund!

Die ersten Dialogsätze sind ein Anschiß. Zazys Chef, ein tapferes Schneiderlein im Trentino, belehrt seine Angestellte im Beisein einer Kundin, daß doppelte Nähte in kritischen Bereichen besser halten würden. Zazy hat die schöne Nase voll und verletzt sich selbst, damit sie gehen kann. Bald für immer, denn der Chef kommt nicht mehr. Tot. Fiel vom Berg. Die Kundin war dabei.

Matthias X. Oberg, als Regisseur bislang kaum durch übermäßige Kontinuität und Ertrag aufgefallen, baut in ZAZY eine Story, die Ahnungen eines Thrillers und Film noirs verströmt. Die Gattung Sprechfilm ist auch dabei. Indes, der Knochen riecht nach Gräte. „Die ganze Zeit hier … das ist irgendwie langweilig!“, läßt er Zazy sagen. Da ist sie schon in einem Pferdestall untergekommen und beschreibt mit diesen Worten gleich den ganzen Streifen.

Vom Nähtisch ins Stroh – für Zazys lackierte Fingernägel sind beide Tätigkeiten nicht erfunden worden. Die 18jährige weiß das und träumt weiter von einer Karriere beim Fernsehen. Wie es Bruder Zufall in Gestalt von Schwester Handlung will, ist der Ehemann oben genannter Kundin ein begehrter TV-Moderator. Damit könnte man doch spielen! Hinter Zazys Ohren lauert es dick. Tomek, ihr Freund mit Flachbild-Horizont, steht dem in nichts nach und entwickelt mit steigender Aggressivität erpresserisches Potential. Insofern erstaunlich, da keiner der beiden überhaupt weiß, was oben am Berg mit der Kundin und dem Schneider geschehen ist. Wir wissen es auch nicht. Dumm für ZAZY als Film, daß es gar nicht interessiert.

Das wahre schauspielerische Vermögen von Ruby O. Fee bleibt weiter offen. Ihre bisherigen Arbeiten reichen von Alltagsdrama und „Tatort“ hin zur historischen Hebamme. Nur (zu schnell?) als Zuckerschnute abgeschrieben und überschaubar an Gesten und mimischen Finessen, hat sie in ZAZY zu wenige herausfordernde Momente zu spielen. Trotzdem sind sie der einzig wirklich lohnenswerte Aspekt in der Beurteilung dieses mauen Werks.

Das vorliegende Statement des Regisseurs, selbstbewußt im Wir-Ton verfaßt, verspricht den Himmel auf der Erdenleinwand. Von „kritischem Blick auf aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen ohne moralisierende Erkenntnis“ ist da die Rede, von „bissiger Ironie“ und einer „ungewöhnlichen, frischen Weise“ in der Erzählung. Oberg geht es aber wie seinem Tomek: frech gestartet, tief gestürzt.

D 2016, 98 min
FSK 16
Verleih: Real Fiction

Genre: Drama, Thriller

Darsteller: Ruby O. Fee, Paul Boche, Petra Hultgren

Regie: Matthias X. Oberg

Kinostart: 30.03.17

[ Andreas Körner ]