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Zurück auf Los

Narziß in Prenz’lberg

Bilderbuchkommunarden. Sam und Bastl leben in ihrer eigenen kleinen Welt im Musterberlin, natürlich in Prenz’lberg. Sie schlagen sich mit Gelegenheitsjobs durch den wiedervereinigten Großstadtdschungel und führen das Leben nostalgischer schwuler Mittdreißiger. In ihrer gemeinsamen plüschig-ostigen Altbaubude gehen wechselnde Bekanntschaften ein und aus, die Sam und Bastl jedoch nicht an der Verwirklichung ihrer mageren Träume hindern:

Sam möchte unbedingt eine CD mit seinen ach so geschätzten Ost-Liedern aufnehmen, während Bastl seiner früheren Existenz als erfolgreicher Tänzer durch Suff und Tingelei hinterher trauert. Dann kriegt der stimmgewaltige Sam AIDS, sein Liebhaber Rainer erblindet, das Leben meint es nicht wirklich gut mit ihnen. In solchem Fall hilft meistens nur noch die Reise ans Meer...

Gähn! So sehen Filme aus, wenn Regie-Leichtgewichte glauben, jetzt unbedingt mal den Leuten eine Geschichte aus dem eigenen Leben erzählen zu müssen. Ungereimtheiten - wie daß Sam zwar von Stütze lebt, aber stetig einige Tausender in die aussichtslose CD investiert - müssen da einfach geschluckt werden. Natürlich hat ein Mittdreißiger mit Ostvergangenheit manches erlebt, für einen spannenden Kinostoff ist das aber kaum genug. So zirkeln unsere Lebenskünstler im Morgenmantel zwischen billigem Tetrapack-Wein im Stuckdeckencharme und - wir gehen noch aus! - beim großzügigen Schnapskneipengelage selbstverliebt und tränenverhangen nur um sich. Probleme werden durch symboltriefende Umarmerei und süße Liköre heruntergespült. Hauptdarsteller und Regisseur Pierre Sanoussi-Bliss schwafelt ohne Punkt und Komma - leider auch ohne sichtbares Talent. So verkommt sein vermutlich ambitioniert angelegtes Porträt einer wunderbaren Freundschaft zum spannungsarmen, narzißtischen Ein-Mann-Stück.

D 2000, 90 min
Verleih: Pro Fun

Genre: Schwul-Lesbisch, Tragikomödie

Darsteller: Pierre Sanoussi-Bliss, Matthias Freihof, Pascal von Wroblewsky

Regie: Pierre Sanoussi-Bliss

Kinostart: 08.03.01

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.