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Zwei Mütter

Kinder der Grauzone

In der Richtlinie der Bundesärztekammer aus dem Jahr 2006 steht bis heute: „Ziel ist es, dem gezeugten Kind eine stabile Beziehung zu beiden Elternteilen zu sichern.“ Aus diesem Grund sei eine künstliche Befruchtung „ ... zur Zeit bei Frauen ausgeschlossen, die in keiner Partnerschaft oder in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft leben.“ 14 der 16 Landesärztekammern (LÄK) haben diese Richtlinie der BÄK übernommen, damit werden sie im betreffenden Bundesland zu Berufsrecht. Wenn Ärzte dagegen verstoßen, können sie ihre Zulassung verlieren. Soweit die Lage, die sowohl dem aktuellen gesellschaftlichen Diskurs als auch dem politikinternen sehr nachhinkt, aber eben immer noch der Grund ist, warum viele Ärzte lesbischen Paaren die Insemination verweigern. Dieser schräge Umstand ist einen Film wert, und den hat Anne Zohra Berrached jetzt gedreht.

Er beruht auf Erfahrungsberichten betroffener Frauen und schickt Isabella und ihre Partnerin Katja auf eine Reise, die erniedrigender oft nicht sein kann. Nach ermüdenden Ablehnungen allerorten sollen sie in der endlich gefundenen Kinderwunschklinik ihr Einkommen offenlegen. Da beide aber zu wenig verdienen, werden sie abgewiesen. Man könne ja sonst den Arzt auf Unterhalt verklagen. Die private Suche nach potentiellen Samenspendern läßt die beiden dann von einem schlechten Blind Date ins nächste stolpern, bis zumindest Katja die Luft ausgeht. Sie ist die Hauptverdienerin und will als Chefin eines Videoverleihs endlich ihren eigenen kleinen Arthouse-Filmladen eröffnen. Isabellas Besessenheit, ein Kind zu bekommen, koste es, was es wolle, bringt die Beziehung an ihre Grenzen. Vor allem das Gefühl, sich als Partnerin, aber eben nicht biologisches Pendant außen vor zu fühlen, treibt Katja um.

Hier wäre der Ansatz für Dialoge oder überzeugende szenische Auflösungen gewesen, den Berrached dramaturgisch jedoch immer mit einer rauchenden Katja in Nahaufnahme oder schlichtem Sex beantwortet. Auch wollen beide Figuren, die als ganz normale Durchschnittsfrauen in einem fast farblos normalen Umfeld agieren sollen, nicht so recht in dieses Konstrukt passen. Obwohl sowohl Karina Plachetka als auch Sabine Wolf im Rahmen des vorgegebenen Settings überzeugend spielen, nimmt man ihnen weder das Ikeabild über noch die Nachttischchen neben dem Bett so recht ab. Sie schweben im Raum ohne Verortung in einem sozialen Umfeld, scheinbar ohne Vergangenheit. Und beinahe sicher ohne Zukunft.

D 2013, 78 min
FSK 12
Verleih: Salzgeber

Genre: Drama, Schwul-Lesbisch

Darsteller: Sabine Wolf, Karina Plachetka

Regie: Anne Zohra Berrached

Kinostart: 30.05.13

[ Susanne Schulz ]