Label: Nonesuch/Warner

Inherent Vice – Natürliche Mängel

Jonny Greenwood

In P. T. Andersons Œuvre gab es einen Bruch. Mit THERE WILL BE BLOOD (2007) kehrte der Regisseur seinen frühen, verspielten Werken den Rücken und wandte sich einer konzentrierten und zurückgenommenen Filmsprache zu. Diese Quasi-Emanzipation zeigte sich auch deutlich in der musikalischen Begleitung. Wo die Musik in MAGNOLIA und PUNCH-DRUNK LOVE noch das integrale emotionale Rückgrat bildete, wurde sie in THERE WILL BE BLOOD und THE MASTER zum autarken Verfremdungsmoment. Radiohead-Gitarrist Jonny Greenwood, der Andersons langjährigen Komponisten Jon Brion beerbte, war für diese Aufgabe der Richtige. Seine atonalen Klanggebilde reicherten die Filme mit einer musikalischen Substanz an, die sie auf eine abstrakt-psychedelische Ebene hoben.

Überraschenderweise machen Regisseur und Komponist für INHERENT VICE filmmusikalisch einen Schritt zurück: Greenwood bedient sich für die skurrile Komödie der Minimal Music, wie es einst Jon Brion für MAGNOLIA getan hatte. Überhaupt sperrt sich INHERENT VICE viel weniger einer nachvollziehbaren Emotionalisierung als die beiden Vorgängerscores und wirkt auf CD – unterbrochen durch flotte Feel-Good-Songs – wie ein Harmoniebekenntnis.

[ Philipp J. Neumann ] Philipp fühlt sich inspiriert von CLUB DER TOTEN DICHTER, hat gelernt aus DAS SIEBENTE SIEGEL, ist gerührt von MAGNOLIA, hat sich wiedergefunden in THE SWEET HEREAFTER, wurde beinahe irr durch FARGO, ist für immer vernarrt in PONETTE und war schlicht plattgedrückt von DER HERR DER RINGE.