Alle Jahre wieder ...

[ 06.03.2014 ] ... schleppt man sich an einem bestimmten Montag mit Frettchengesicht total zerknautscht auf Arbeit. Nach der durchwachten OSCAR-Nacht nämlich. Und warum eigentlich? Weil die Hoffnung zuletzt stirbt. Die Hoffnung darauf, daß der Kappes diesmal vielleicht anders abläuft. Natürlich ein Trugschluß.

Sicher haben die Mitglieder der gebetsmühlenartig bedankten Academy bloß einen Bruchteil der nominierten Filme gesehen, daher ihre Kreuzchen oft vorhersehbar dort gesetzt, wo es der Medienrummel, das filmisch verhandelte Thema, rührender Filmtod/Method-Acting-Selbstkasteiung/hohes Alter/Imagewandel/Mut zur unglamourösen Rolle oder vorher abgewickelte Verleihungen befahlen. Und was bleibt anno 2014 von der Beweihräucherungsorgie? Nun, vor allem AMERICAN HUSTLE, aber auch THE WOLF OF WALL STREET, NEBRASKA, CAPTAIN PHILLIPS sowie PHILOMENA fielen der "Ach, dann eben den Preis noch dazu"-Häufchenbildung zum Opfer und gingen trotz zusammengerechnet 31 Nominierungen komplett leer aus. Ellen DeGeneres packte am Schluß ihre faden Witzchen zurück in die Mottenkiste, vielleicht steht ja irgendwann ein weiteres Recycling an. Die davon stundenlang heimgesuchten Stars und Sternchen schraubten sich auf diversen After-Show-Parties erst mal das gequälte Lächeln aus den Gesichtern, bevor der ersehnte Alkoholstoß entspannte. Bald erinnert sich niemand mehr an die Ehrungen, abgesehen von ein paar zukünftigen Trailern, welche wacker „Mit OSCAR-Preisträger/in ...“ kreischen. Nur: Es interessiert keinen.

Und apropos – die Filmkunst kauert während jenes Schauspiels der Eitelkeiten ja sowieso unbeachtet unter dem roten Teppichrand, schon beim Einlauf dessen, was da geladen ward, ignoriert die Berichterstattung alle cineastische Leistung. Lieber referieren zu Kurzinterviewzwecken aus der Gazetten- und Trash-TV-Finsternis gezerrte „Fachleute“ daher, welche Dame die passenden Riemchensandalen zum Tüllkleid kombinierte, wer diese munter glitzernde Gigantomanie von Abendrobe entwarf, und wessen Haar der Wetter-Unbill am energischsten trotzte. Bis zur folgenden medialen Rundumschlag-Abrechnung: Wo harmonierte die Lippenstiftfarbe nicht mit den Ohrringen, welcher Modedesigner gehört wegen Geschmacklosigkeit umgehend verbannt, unter wessen Achsel schockte ein Deo-Fleck? Und man selbst wankt vermutlich nächstes Jahr an einem bestimmten Montag erneut als Gegenentwurf zur funkelnden Hollywoodwelt durch die Botanik. Melancholisch gestimmt, da die Hoffnung zum x-ten Mal in die ewigen Jagdgründe galoppierte.

Belebende Kinoerlebnisse wünscht dennoch

Frank Blessin

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...