Geborgte Stimmen und trauriges Verstummen

[ 05.05.2016 ] Eine etwas seltsame Frage: Welche 2016 verstorbene Person des öffentlichen Lebens fällt Ihnen spontan ein? Sicher Hans-Dietrich Genscher, Prince, Guido Westerwelle, Hendrikje Fitz, Roger Cicero, vielleicht Alan Rickman und 007-Regisseur Guy Hamilton. Aber hat jemand an Arne Elsholtz gedacht, der seit 26.4.2016 nicht mehr unter uns weilt? Oder poppen erst recht Fragezeichen auf: Arne wer? Dabei hat uns der Mann jahrzehntelang begleitet, im Kino, als Synchronsprecher von Tom Hanks, Bill Murray, Kevin Kline und anderen Stars. Er lieh Sympathieträgern seine markante Stimme, blieb dabei – abgesehen von ein paar kleinen Rollen als Bösewicht – selbst hinter der Kamera. Ein akustisches Phantom quasi. Genauso wie fast alle seiner Kollegen: Jeden Abend heißt uns Claudia Urbschat-Mingues im „Tagesschau“-Vorspann willkommen und leiht darüber hinaus unter anderem Angelina Jolie ihr tolles Verbalorgan. Franziska Pigulla (die übrigens auch menschlich ganz großartig ist) plus einzigartige Stimme bleiben auf ewig mit Gillian Anderson verbunden, haben außerdem sicher ihren Teil zum hiesigen „Akte X“-Erfolgsphänomen beigetragen. Julianne Moore, Nicole Kidman und Uma Thurman profitieren allesamt von Petra Barthels ausdrucksstarker Sprechtechnik, Julia Roberts bekam von Daniela Hoffmann ein wahrhaft unvergleichliches Lachen spendiert. Man könnte endlos weiter aufzählen, am fehlenden persönlichen Bekanntheitsgrad und mangelnder Wertschätzung der genannten Künstler ändert das kaum was. Synchronisation wird ungeachtet der hierzulande oft enorm hohen Qualität leider nicht als Kunst betrachtet, sondern geht eher am Fließband durch – wie Claudia Urbschat-Mingues im Juni 2014 der "Süddeutschen Zeitung" verriet, kann das Aufnehmen der Hauptrolle eines 140-Minuten-Films mal eben nur einen einzigen Tag dauern, ohne nennenswerte Vorbereitung selbstverständlich. Immerhin bat Angelina Jolie bei THE TOURIST explizit um „bitte die Gleiche wie beim letzten Mal“, und Gillian Anderson paßte Stimmlage und -tempo an jene Franziska Pigullas an, nachdem sich beide Damen begegnet waren. Seltene Anerkennung für auditive Akrobaten im Hintergrund, genaueres Hinhören beim nächsten Kinobesuch könnte durchaus auch ein Lob sein. Und Arne Elsholtz fehlt, trotz der unverhohlenen Liebe zur Originalfassung, jetzt schon.

Euphonische Erlebnisse allerorten wünscht

Frank Blessin

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...