Editorial 07-08/25

[ 26.06.2025 ] Alter Hut, gar keine Frage, aber noch immer gilt: Unter jedem Dach ein Ach! Und weil das Kino oft zum gesellschaftlichen Spiegel taugt, gibt es häufig Filme, die von familiären Bünden und deren Erosionen künden. In diesem Sommer gibt es auffällig viele Filme, die erschütternd, amüsant, irritierend und oft zu Tränen rührend von Familie erzählen. Es sind introspektive, kunstvolle, reflektierende und aufarbeitende Geschichten, denen es nicht selten gelingt, den Zuschauer bestens zu unterhalten oder ihm glatt die Füße wegzuziehen.

Letzteres gilt unbedingt für SIR?T, in dem wird herzbebend von Verlusten, Zerrüttungen, Trauer und eigenwilligen Ersatzfamilien erzählt – und das vielleicht auf bisher nie gesehene Weise! Auch HOT MILK ist im Kern eine extreme Familiengeschichte, auch die einer leidvollen Aufarbeitung, und wie nebenbei kommt in diesem beeindruckenden Frauenfilm die Frage auf, wieviel Schmerz ein Mensch überhaupt aushalten kann. Wesentlich leichter zeigt sich VIER MÜTTER FÜR EDWARD, eine wirklich hinreißende Komödie um unfreiwillige Verantwortung – oder das Drücken davor. Wenn Edwards Freunde recht egozentrisch ihre alten Mütter bei ihm parken, dann wird dessen Familie nicht nur zwangsweise größer, auch ein Hymnus auf zwischenmenschliche Annäherung wird angestimmt.

Auch in der Tragikomödie DIE GUTEN UND DIE BESSEREN TAGE wird von familiären Belastungsproben erzählt, den Franzosen gelingt das mit leichter Hand, und auch in der an sich schwer berührenden Familien- und Nachbarn-Geschichte WAS UNS VERBINDET blitzt immer wieder Humor durch. Ein in mehrfacher Hinsicht ungewöhnlicher Familienfilm ist MILCH INS FEUER, regelrecht wuchtig von Brüderkonflikten erzählt das deutsche Ausnahmestück FRISCH, und daß extreme Notlagen familiäre Bünde gar nicht so selten noch enger zusammenknüpfen, das weiß die formidabel besetzte Bestsellerverfilmung DER SALZPFAD. Ich könnte fortfahren ...

Erwähnt sei all dies, weil niemand von uns allein sein soll. Trotz aller Achs sollte doch jeder Mensch eine Familie sein eigen nennen können, und da darf beherzt auf Biologie, Konfessionszwang und Ahnenpflicht gepfiffen werden. Schon Soft Cell sangen vor mehr als 40 Jahren „Home Is Where The Heart Is ...“ – recht so! Und Kino als Gemeinschaftserlebnis und eben mit diesen empathischen Geschichten kann da durchaus seinen Anteil leisten ...

Berührende Kinoerlebnisse wünscht

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.