D 2010, 86 min
Label: Salzgeber

Genre: Dokumentation, Drama, Schwul-Lesbisch

Regie: Michael Stock

Postcard To Daddy

Salopp gesagt, ist das ein Familienfilm der ungemütlichen Art, erzählt vom jüngsten Sproß. Beeindruckend ist dieser Michael Stock, weil man sich fragt, wieviel Leid ein Mensch eigentlich aushalten kann, und weil er eine Größe zeigt, die verblüfft, nach dem, was ihm das Leben und vor allem der Vater zumuteten: sexueller Mißbrauch, später Drogenkarriere, schließlich Aids und gleich zwei Schlaganfälle. Und doch noch immer dieser Hunger, diese Lust aus den großen, hellblauen Augen. Stock führt quasi Videotagebuch: Auftakt am Nollendorfplatz, dann geht’s in die Häuser und Wohnungen seiner Mutter und Geschwister und schließlich auf Reise mit Mama nach Thailand. Hier entstehen die eindringlichsten Momente, weil sich Stock behutsam auch immer wieder an die Mutter wendet, wie sie denn wirklich nichts gemerkt haben kann.

Zwischengeschnitten in den intimen Film werden Kindheitsbilder, Familienfotos und Aufnahmen mit Michaels Freund Rémy, der mit ihm das Schicksal teilte, am Ende aber nicht die Kraft zum Weitermachen, zur Konfrontation mit seinem Vater hatte. Stock beeindruckt auch, weil er um seine Endlichkeit weiß und gewillt ist, all diesen Ekel, diese Scham, dieses ganze Opfer-Monster abzuschütteln, der bereit ist, seinem Vater zu vergeben, ihn daher aufsucht mit dieser filmischen Postkarte. Wir sehen einen alten, kranken Mann, der – wenn auch recht ehrlich – kaum mehr ist als ein kaltes Wrack: „Ja klar, Schamgefühl ... oder so etwas ...“

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.