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Age Of Stupid

Ein Film, klüger als sein Zeitalter und bunter als sein Zukunftsentwurf

Sage bloß keiner, man wäre nicht gewarnt worden. Im Jahre 2055 ist Ebbe. Oder eher Flut. Der blaue Planet fast völlig unter Wasser. Klimakatastrophe, klar. Und die an allen Ecken und Enden. Da ist nichts mehr zu machen. Schluß, aus, vorbei! Und wer hat Schuld? Die Menschheit, wieder klar. Die Menschheit im ganz Allgemeinen, deren westlicher Teil im etwas Spezielleren und vom westlichen Teil am allerspeziellsten die Amerikaner. Deren Schuldkonto toppt bloß noch die Ölindustrie. Aber die ist ja, weiß man doch, auch ganz schön amerikanisch. Also, alles klar.

„Die zukünftigen Klimaereignisse in diesem Film basieren auf den Prognosen der Mehrheit aller Wissenschaftler.“ Der Satz, diesem Film vorangestellt, soll uns sagen, es geht fundiert und seriös zu in diesem Film. Und sofort fühlt man sich schlechten Gewissens wie ein Kleinkrämer und Korinthenkacker, wenn man etwa die Formulierung „Mehrheit aller Wissenschaftler“ als doch ziemlich schwammig empfindet und ob dieser Schwammigkeit gleich wieder mißtrauisch wird. Wo es doch in diesem Film wirklich um so viel mehr geht.

Weshalb man sich wenig später dann auch noch – und natürlich wieder schlechten Gewissens – ganz zynisch fühlt, wenn einem auffällt, daß diese schwarzmalende Mahn-Doku doch recht farbenfroh daherkommt, mit den kleinen Cartoons und den liebevoll computeranimierten Apokalypse-Szenarien. Die zudem ein toller Schauspieler kredenzt. Pete Postlethwaite mimt hier nämlich einen Mann, der im Jahre 2055 allein auf der verseuchten, überschwemmten Erde lebt. Und für die Dauer dieses Films als eine Art VJ uns noch einmal unsere Verstocktheit, Ignoranz, Gier, Unfähigkeit, unsere (gattungsgemäße) Stupidität also, anhand kleiner dokumentarischer Beiträge vor Augen führt.

Nun könnte uns AGE OF STUPID tatsächlich noch mal – und absolut zu Recht – den Kopf waschen. Und uns den vielleicht gar etwas zurechtrücken. Voraussetzung wäre allerdings, daß man den eigenen Kopf dabei weitgehend ausschaltet. Ist AGE OF STUPID doch eine Doku, die in ihrer Emotionalität und inszenatorischen Schnittigkeit weniger an den Intellekt appelliert (wenn auch gerne an die Vernunft), als vielmehr an Impulse, Reflexe und gelegentlich auch Ressentiments. Und an jene (ja durchaus auch lustvolle) Angst vor der Apokalypse, die ungefähr so sehr zur menschlichen Gattung gehört, wie deren Stupidität.

Originaltitel: AGE OF STUPID

GB 2009, 92 min
Verleih: Tao

Genre: Dokumentation, Science Fiction

Darsteller: Pete Postlethwaite

Regie: Franny Armstrong

Kinostart: 05.08.10

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.