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Allein

Ein Lebensweg mit Umwegen, aber ohne Auswege

Obwohl sie es niemals zugeben würde, steht Maria immer kurz vor dem mentalen Zusammenbruch. Die Studentin leidet am Borderline-Syndrom, also einer schweren Persönlichkeitsstörung, welche Instabilität aller Lebensbereiche nach sich zieht. Für Maria bedeutet das wahllose One-Night-Stands, ausufernden Alkoholkonsum, Tablettensucht, eingeschränkte Arbeitsleistung – und vor allem schmerzliche Einsamkeit. Nur Freundin Sarah steht helfend zur Seite. Da läuft Maria eines Tages Jan über den Weg: verständnisvoll, sensibel, ehrlich. Schüchtern greift die junge Frau nach dem Glück, um schon wenig später Besitzansprüche geltend zu machen. Viel schlimmer indes, daß sie Jan ihren Zustand verschweigt ...

ALLEIN setzt gewisse psychologische Grundkenntnisse voraus und erklärt das Krankheitsbild nie näher. Ob man dies als cleveren Schachzug oder Unvermögen des Drehbuchs werten möchte, liegt im eigenen Empfinden. Vielleicht birgt aber genau dieser Verzicht den Grund dafür, wie plakativ und aufdringlich nach außen getragen Marias Leidensgeschichte oft wirkt. Hier gibt es nur wenige Zwischentöne, muß Sarah gar gestelzte Dialogblasen absondern, gern von viel zu laut klimpernder Klaviermusik untermalt.

Dafür kann Regisseur Durchschlag mit einem Pfund wuchern, das sämtliche offensichtliche Schwächen vergessen macht: Lavinia Wilson. Ihr gelingt es, binnen Sekunden Marias Gemütszustand ins Gegenteil zu verkehren, eben noch fröhliches Lachen blinder Wut zu opfern und gleichermaßen unendliche Leere wie glückliches Leuchten in einzelne Blicke zu legen. Wenn sie, von Selbsthaß zerfressen, eine Träne praktisch aus dem Gesicht schlägt, bluten nicht bloß auf der Leinwand Herzen. Gegen eine solche darstellerische Tour de Force haben Wilsons Kollegen keine Chance, zumal das Skript sie ihnen nicht gewährt. Weswegen weder Richy Müller (ständig nackt) noch Maximilian Brückner (der als Jan alles ganz locker sehen muß, was die Figur insgesamt lächerlich wirken läßt) Akzente setzen.

Das Plakat sagt: "Du liebst mich, aber du weißt nicht, wer ich bin ..." Tatsächlich bleibt diese Ratlosigkeit letztlich auch beim Publikum. Allerdings ebenso wie die für Maria empfundene Zuneigung.

D 2005, 88 min
Verleih: Zorro

Genre: Drama

Darsteller: Lavinia Wilson, Maximilian Brückner, Richy Müller, Victoria Mayer, Tobias van Dieken

Stab:
Regie: Thomas Durchschlag
Drehbuch: Thomas Durchschlag

Kinostart: 08.09.05

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...