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Alles koscher!

Nicht ganz, aber trotzdem lustig

Ja, ja, die Briten und der politisch unkorrekte Humor. Das hat lange Tradition im verregneten Königreich, und ein Spezialgebiet des britischen Seitenhiebs ist das der Religionsverulkung. Schon DAS LEBEN DES BRIAN hat sich in unlauterer Weise über das Neue Testament amüsiert und gekreuzigte Männer ein stimmungsaufhellendes Lied trällern lassen, nun traut sich eine neue Generation Komiker über 30 Jahre später auf noch empfindlicheres Terrain: Das sonst nur mit Samtpantoffeln betretene Minenfeld Islam scheint neue Spielwiese der furchtlosen Gagproduzenten von der Insel. So heftig wie kürzlich FOUR LIONS, in dem eine Gruppe Jihadisten von einem Mißgeschick ins nächste stolpert, wurde lange keine Komödie mehr diskutiert. Nun schickt sich der britische Starkomiker Omid Djalili in ALLES KOSCHER! an, in die großen Fußstapfen der Monty Pythons zu treten, wobei er gleich eine weitere große Weltreligion außer dem Islam mit durch den Kakao zieht.

Mahmud ist muslimischer Pakistani und lebt mit seiner Familie in zweiter Generation in London. Seine Religion hat er ziemlich vernachlässigt, er trinkt Alkohol und beschäftigt sich lieber mit englischer Popmusik als mit dem Koran. Anders sein Sohn Rashid, der auf eine Ehe mit der Tochter eines fundamentalistischen Glaubensführers hofft und daher seinen Vater bittet, für einen Besuch des zukünftigen Schwiegerpapas einen vorbildlichen Moslem abzugeben. Dumm nur, daß Mahmud gerade durch einen Zufall erfahren hat, daß er adoptiert und eigentlich jüdischer Abstammung ist. Auf der Suche nach seinem leiblichen Vater und seinen jüdischen Wurzeln kommt ihm der New Yorker Taxifahrer Lenny zu Hilfe. Natürlich kollidiert die neue Identitätssuche Mahmuds mit dem Besuch des Schwiegervaters. Und was könnte schlimmer für den fundamentalistischen Brautvater sein, als seine Tochter in eine jüdische Familie einheiraten zu lassen?

ALLES KOSCHER! schlägt nicht ganz so harte oder schwarzhumorige Töne an wie FOUR LIONS, was aber nicht bedeuten soll, daß man weniger Spaß hat, sich Mahmuds Spießrutenlauf um religiöse Fettnäpfchen, mächtig heiße Eisen und empfindsame Gemüter anzuschauen. Ein weiterer Beweis für das Comeback der furchtlosen britischen Comedy und die vereinigende Kraft des Humors über alle Glaubensgrenzen hinweg.

Originaltitel: THE INFIDEL

GB 2010, 105 min
FSK 12
Verleih: Senator

Genre: Satire

Darsteller: Omid Djalili, Richard Schiff

Regie: Josh Appignanesi

Kinostart: 30.06.11

[ Paul Salisbury ] Paul mag vor allem Filme, die von einem Genre ausgehen und bei etwas Neuem ankommen. Dabei steht er vor allem auf Gangsterfilme, Western, Satire und Thriller, gern aus der Hand von Billy Wilder, Sam Peckinpah, Steven Soderbergh, Jim Jarmusch, den Coen-Brüdern oder Paul Thomas Anderson. Zu Pauls All-Time-Favs gehören DIE GLORREICHEN SIEBEN, TAXI DRIVER, ASPHALT COWBOY, SUNSET BOULEVARD, POINT BLANK ...