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Animals – Stadt Land Tier

Vom Knacken kinematographischer Rätselnüsse

Das mit der Architektur des Rätsels, der labyrinthischen Konstruktion eines Geheimnisses, der Errichtung eines motivischen Spiegelkabinetts in Surreal, der Erschaffung doppelter, schwankender Böden innerhalb eines erzählerischen Gebäudes ist eine der schwierigsten künstlerischen Übungen überhaupt. Und das aus vornehmlich einem Grund: Man muß ein Meister seines Fachs sein, denn ist man das nicht, gerät das Rätsel schnell zum Manierismus, das Geheimnis zur Geheimniskrämerei, kurz: Das erzählerische Gebäude samt Spiegelkabinett mutiert zur Jahrmarktbude intellektueller Eitelkeit, die nichts reflektiert, außer ihre Eitelkeit.

In ANIMALS, der Titel läßt es ahnen, gibt es so einige Tiere. Die wichtigsten: Schaf, Vogel, Katze. Das Schaf überfahren Anna und Michael auf ihrer Fahrt in eine Schweizer Almhütte. In die wird wenig später ein Vögelchen flattern und tödlich mit der Zimmerwand kollidieren. Bald darauf begegnet Anna eine Katze, ein schönes, schwarzes, charismatisches Tier, zudem mit der Gabe gesegnet, die menschliche Sprache zu sprechen. Zumindest in den Ohren Annas.

Ist die nun, die Schriftstellerin, die in der Stille der Berge ihren ersten Krimi schreiben will, die Person, die ins Spiegelkabinett sich reflektierender Erzählebenen und verschwimmender Realitäten gerät, und der dabei in psychischer Instabilität gehörig der Boden unter den Füßen schwankt? Und wie steht es mit Nick, dem Starkoch, der damit beschäftigt ist herumzufahren und regionale Rezepte zu sammeln? Und was weiß wiederum Anna über Nicks Affäre, die der Kerl mit jener Frau pflegte, die im Wiener Mietshaus in der Etage über ihnen wohnte und sich aus dieser in den Tod stürzte? Und schließlich ist da ja noch diese Mischa, die während Annas und Nicks Alpenaufenthalt in deren Wohnung haust und auch eher im Instabilen beheimatet ist.

Eine kinematographische Rätselnuß, wie hohl letztlich auch immer, aber wenigstens gepflückt vom Bäumchen formaler Erlesenheit. In ANIMALS mischt der polnische Regisseur Greg Zglinski ohne Unterlaß sich spiegelnde Motive und schickt den Joker der Originalität ebenso als großen Bluff ins Spiel wie die Angebote zur Dechiffrierung dieser Kontemplation des Kryptischen. Darauf kann man sich getrost mal einlassen, sich an Lösungen und Interpretationen versuchend. Deren eine freilich allerdings die sein könnte, daß Zglinksi zwar ganz gut, aber eher kein Meister seines Fachs ist.

Österreich/CH/Polen 2017, 95 min
FSK 12
Verleih: Film Kino Text

Genre: Drama, Mystery

Darsteller: Birgit Minichmayr, Philipp Hochmair, Mona Petri

Regie: Greg Zglinski

Kinostart: 16.11.17

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.