Noch keine Bewertung

Baader

Terrorismus made in Germany

Andreas Baader rief Anfang der 70er Jahre die RAF ins Leben. Was nun circa 30 Jahre später dem interessierten Publikum präsentiert wird, ist absichtlich fern realistischer Dokumentation, eher fiktive Kinobiographie.

Baader kommt nach Berlin und mit Gudrun Ensslin zusammen. Zunächst beschränkt sich das Pärchen auf minderschwere Delikte wie Brandstiftung im Kaufhaus. Doch zunehmend erliegen mit dem System hadernde Bürger, u.a. die Journalistin Ulrike Meinhof oder Anwalt Kurt Wagner, Baaders Anziehungs- bzw. Überzeugungskraft. Die Gruppe wächst, das Gewaltpotential auch. Bald läßt man sämtliche Grenzen außer acht, sind alle Mittel erlaubt, wenn sie der als gerecht empfundenen Sache dienen. Was zählen da noch Menschenleben? Opfer müssen gebracht werden.

Regie und Drehbuch fällen kein klares Urteil über Personen oder Taten, was man im Sinne künstlerischer Provokation durchaus positiv werten kann. Zudem hinterläßt manche fast Gänsehaut verursachende Dialogzeile ("Das Böse ist der Preis der Freiheit") ob ihrer Diskussionswürdigkeit tiefen Eindruck, die stimmige Besetzung ebenso. Der Mensch Andreas Baader wird allerdings niemals wirklich differenziert. Motivation, Denken, Gefühle? Unwichtig. Hier ist er schlicht ein – sorry – großkotziges Arschloch, will dem Staat ganz allgemein, Politikern, Polizisten und anderem Gesocks im speziellen "was auf die Fresse geben", bezeichnet Frauen gern als "Fotzen", suhlt sich in dummen Sprüchen, duldet weder Zweifel noch Ansichten, welche nicht seinen eigenen entsprechen. Ein völlig verbohrter Typ, von Faszination keine Spur.

Überhaupt dümpelt die Inszenierung meist oberflächlich dahin, verwackelt-grieselige Bilder und hektische Schnitte wirken wie eine billige Kopie von NATURAL BORN KILLERS, alles scheint mächtig hip und cool. Sieht so vielleicht deutsche Geschichte für die MTV-Generation aus? Man darf der Jugend hoffentlich mehr zutrauen.

D 2002, 109 min
Verleih: Prokino

Genre: Drama, Polit

Darsteller: Frank Giering, Laura Tonke, Vadim Glowna, Birge Schade, Jana Pallaske

Regie: Christopher Roth

Kinostart: 17.10.02

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...