Originaltitel: BALLERINA

F 2016, 89 min
FSK 0
Verleih: Wild Bunch

Genre: Computeranimation, Kinderfilm, Komödie

Stab:
Regie: Eric Summer, Éric Warin
Stimmen: Maria Ehrich, Max von der Groeben

Kinostart: 12.01.17

2 Bewertungen

Ballerina

Vom depressiven Dickhäuter zum sterbenden Schwan?

Folgende Situation: Eine rothaarige 12jährige poltert im Heuwagen durch die Botanik, ihr zur Seite schreit ein Junge mit Hahnenkamm (die komplette Verkleidung gackerte kürzlich noch irritiert), beide Kinder verfolgt ein motorisierter, zähnefletschender Mann, Gurkenmaske im Gesicht. Vorsichtige Frage dazu: Was ist hier los?!

Bestenfalls geht jetzt bei Ihnen, liebe/r Leser/in, das ganz private Kopfkino los und werden mögliche Antworten gesucht. Sollte dies so sein, dann unbedingt die Überprüfung per Sichtung wagen, darf auch gern ohne 3D-Brille auf der Nase sein. Wie alle guten Filme funktioniert dieser nämlich gleichermaßen ohne Firlefanz und visuelle Sperenzchen, obwohl man schon erstaunt bewundern darf, welche Fortschritte die Animation menschlicher Charaktere bis heute vollbrachte.

Aber wir verplaudern uns gerade, also erst mal kurz zurück zur Handlung: Als Ergebnis obiger Hetzjagd landen Félicie und Victor, die zwei erwähnten Waisen, in Paris, wo nach Rache dürstende Tauben das Duo trennen. Félicie schlägt sich zur Oper durch, sieht die Primaballerina beim Proben für „Schwanensee“, was ihren Traum neu entflammt: tanzen! Auf der Bühne! Doch wie soll sie’s schaffen? Extern unterstützt, logisch, neben Victor wäre da Odette, geheimnisumwitterte Hausmeisterin. Zusammen heißt es, gegen eine fiese Schnepfe samt Zickentochter anzutreten, immer das Ziel vor Augen: die diagnostizierte „Leichtigkeit eines depressiven Elefanten“ abschütteln und eine Rolle im „Nußknacker“ plus Publikumsgunst gewinnen.

Ob das schließlich klappt, haben wir als Vielseher nie bang gefragt, uns dafür dran erfreut, wie fliegendes (oder in einem herrlichen Moment eben nicht) Getier als Running Gag fungiert, oder ein wundervoll realistisches, seine negativen Gedanken ungefiltert raushauendes Mädchen Félicies Sidekick gibt. Wir konnten und wollten keine Gegenwehr zeigen, während vielfarbig konturierte und im Original – Daumen für die deutsche Fassung sind gedrückt – ohne Ausnahme brillant gesprochene Figuren wahlweise um Zuneigung, Mitgefühl, tiefe Abneigung baten. Wir meinten, während eines actionreichen Attentats den stilisierten „Tanz der Zuckerfee“ zu hören und amüsierten uns angesichts eines Catfight im Kleid eines Dance Battle. Und aus jedem einzelnen Bild leuchtete dabei statt kalter technischer Perfektion heiße hingegebene Leidenschaft. Chapeau!

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...