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Belle & Sebastian

Beste Freunde auf sechs Beinen

1943 in den französischen Alpen. Waisenjunge Sebastian wächst bei Ziehopa César auf und trifft bei einem Ausflug diese riesige, verwilderte Hündin. Sollte das von Sebastian „Belle“ getaufte Tier wirklich die berüchtigte, Schafe reißende Bestie sein? Er kann’s nicht glauben, das animalische Trumm wirkt sowieso gutmütig, nur verängstigt. Sebastian versteckt die vierbeinige Freundin und bald engste Vertraute vor den aufgebrachten Dorfbewohnern.

Doch der Zweite Weltkrieg tobt, die Deutschen sind einmarschiert, verlorene Schafe stellen ein echtes Überlebensrisiko dar. Außerdem schleust ein Gespann aus hübscher Bäckerin und tapferem Widerständler Juden über die Berge. Bald wird Sebastian seinen ganzen Mut brauchen und über sich hinauswachsen müssen, um das folgende Abenteuer zu meistern ...

Natürlich kann man diesen treutraurigen Hundeaugen einfach nicht widerstehen, aber es wäre grundfalsch, das Ganze auf Belle zu reduzieren, welche ihrem Namen alle Ehre macht, tatsächlich eine Schönheit ist. Denn hier steckt viel mehr drin, vor allem eine deutliche Abkehr von den üblichen Kinderfilmregeln. Selbige scheinen ja zu besagen, daß charakterliche Ambivalenz nicht stattfindet, Schurken immer voll böse, ihre Gegenparts stets total lieb und Tiere die besseren Menschen sind, während sich alle durch heile Zuckerbäckerwelten bewegen. Weg mit solchem Quatsch!

Fast spielerisch werden einer spannenden Handlung nämlich emotionale Hintergründe aufgetupft, Kitsch durch Melancholie ersetzend. Wenn Lieder erklingen, dann nirgends über Banalitäten, sondern das fragile Geflecht einer kindlichen Seele, der Jahreszeitenwechsel dient neben wundervoller Kamera-Arbeit auch dem Begreifen natürlicher Vorgänge, und die historischen Hintergründe regen tatsächlich zum Weiterdenken an. Das schließt zwar eine gewisse Grausamkeit ein, etwa durch Wilderer oder die Treibjagd auf Belle, aber überfordert das kleine Publikum trotzdem nie. Zumal immer die Waage im Lot bleibt, potentiell erschreckende Szenen ihren Ausgleich durch niedliche Sequenzen voller Herzenswärme finden.

Wieder mal hat die Kinonation Frankreich begriffen, was zählt: nicht den Nachwuchs zu unterschätzen und mit irgendwelchem Gesäusel abzuspeisen. Klar, Kinder wollen unterhalten sein, jedoch ebenso Neues entdecken. Sie bekommen in magischen Filmwundern wie diesem für beides alle Gelegenheit.

Originaltitel: BELLE ET SÉBASTIEN

F 2013, 94 min
FSK 0
Verleih: Ascot

Genre: Kinderfilm, Abenteuer, Tragikomödie

Darsteller: Felix Bossuet, Tchéky Karyo, Margaux Chatelier, Andreas Pietschmann, Dimitri Storoge

Regie: Nicolas Vanier

Kinostart: 19.12.13

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...