D 2016, 92 min
FSK 0
Verleih: Neue Visionen

Genre: Dokumentation

Regie: Alexander Kleider

Kinostart: 11.05.17

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Berlin Rebel High School

Der Weg ist das Ziel, aber Ankommen rockt trotzdem!

Jedes Jahr brechen in Deutschland ca. 50.000 Jugendliche die Schule ab. Leistungsdruck, Schulangst, Mobbing oder schlicht die Abneigung gegen starre Lehrpläne und (Schul-)Hierarchien sind die Ursachen. Aber: Wer einmal als „Dropout“ raus ist aus dem System, dem fällt die Rückkehr oft schwer.

Eine Alternative scheint die selbstverwaltete „Berliner Schule für Erwachsenenbildung“, kurz SFE, in Kreuzberg zu sein. Seit Anfang der 70er gibt es diese ungewöhnliche Schule, in der es keinen Direktor, keine Noten und keinen Zwang gibt. Die Schule wurde in der Hausbesetzerszene groß, hier herrscht Basisdemokratie, jeder Lehrer und jeder Schüler hat eine Stimme. Lehrer beziehen ein Einheitsgehalt (von nur 12,50 EUR pro Stunde!), das die Schüler mit ihrem Schulgeld bezahlen. Jeder ist mal reihum fürs Kochen und Kloputzen zuständig. Schüler wie Lehrer. Selbstverwaltung heißt eben auch: selbst machen!

Alexander Kleider weiß das am allerbesten. Er hat mit diesem Film (der soeben für den Deutschen Filmpreis nominiert wurde) seiner eigenen Schule ein Denkmal gesetzt. Ganz ohne Sockel, dafür mit klarem Fokus auf die, die eine Schule zu dem machen, was sie ist: die Menschen. Er begleitet eine Klasse auf dem zweijährigen Weg zum Abitur. Lauter Individualisten, die dem System aus ganz verschiedenen Gründen abhanden kamen, und die in den zwei Jahren an der SFE jeder für sich und alle gemeinsam eine gewaltige Entwicklung machen. Aus sich heraus (und immer im Clinch mit dem inneren Schweinehund), aber nicht auf sich allein gestellt, nutzen sie die Zeit, die sie sich selbst gegeben haben, gut. Kleider unterlegt diese Entwicklung mit extra komponierter, mitreißender Filmmusik und zum Teil etwas brachialen Schnitten. Aber was soll’s, Form Follows Function.

Warum man sich BERLIN REBEL HIGH SCHOOL auch ansehen sollte, wenn Schule im eigenen Leben gar keine Rolle spielt? Weil es hier eigentlich nicht um „Schule“ geht, sondern darum, welche Rolle man in seinem eigenen Leben spielt. Jeder einzelne Schüler der SFE hat mit der Entscheidung dafür, an der Schule zu lernen, sein Leben bewußt in die Hand genommen. Keiner von ihnen ist zwei Jahre lang jeden Morgen in die Schule gegangen, ohne zwischendurch mit der eigenen Entscheidung zu hadern.

Aber: Sie alle haben es geschafft, haben die Herausforderung angenommen, sich jeden Tag neu dafür zu entscheiden, was sie tun. Und diese Herausforderung wartet auf jeden von uns – jeden Morgen neu …

[ Luc-Carolin Ziemann ] Carolin hat ein großes Faible für Dokumentarfilme, liebt aber auch gut gespielte, untergründige Independents und ins Surreale tendierende Geschichten, Kurzfilme und intensive Kammerspiele. Schwer haben es historische Kostümschinken, Actionfilme, Thriller und Liebeskomödien ... aber einen Versuch ist ihr (fast) jeder Film wert.