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Besser anders

Leipzigs Underground vor dem Citytunnel

Daß es Punk und subversive Subkultur auch in der DDR gab, ist nicht neu. Das weiß der jüngere, programmkinoaffine Zuschauer spätestens seit der erfolgreichen Doku OSTPUNK! TOO MUCH FUTURE, die das Phänomen Ostpunk anschaulich und unterhaltsam beleuchtet hat. Aber wie genau war das mit dem Punk in unserem schönen Leipzig? Wie sahen hier Jugendprotest und Undergroundkultur aus, und wo sind sie hin verschwunden, wenn sie nicht gar doch noch irgendwo zu finden sind? Wer sich solche oder ähnliche Fragen schon immer mal gestellt hat, den dürfte dieses Doku-Heimatgewächs interessieren, denn hier erzählen die alten Haudegen der Leipziger Undergroundszene, wie das so war damals, als in Connewitz noch so richtig die Post abging, und der Staat als echtes Feindbild noch was hergemacht hat.

Der Einstieg ist ein schepperndes Punkkonzert, die Band L’Attentat singt „Leipzig in Trümmern“, ein Zeitzeugnis, das für sich steht. Dazu Aufnahmen tanzender und springender Füße von Konzertbesuchern, der Betonboden bebt. Anschließend wird man von Interview-Geschichten verschiedener Musiker und Künstler, darunter Bandmitglieder von Renft und Die Art, in die Zeit Anfang der 80er mitgenommen, in der der Punk hier drüben sozusagen noch in den Kinderschuhen steckte und sich in der Messestadt erst langsam zur Jugendkultur einer immer noch recht überschaubaren Minderheit ausweitete. Gemeinsam mit den erzählerisch großteils talentierten Gesprächspartnern geht’s dann weiter bis in die Nachwendezeit, wo, glaubt man den Protagonisten, der Underground mehr oder minder den Bach runterging.

Wenn man der Dokumentation etwas vorwerfen kann, was man angesichts ihrer sympathischen Entstehungsgeschichte und interessanten Thematik eigentlich gar nicht möchte, dann, daß ihr ein wenig die klare Linie fehlt. Da werden Künstler verschiedenster Musikstile und Subkulturen zu ihrer Geschichte befragt, ohne recht auf die jeweiligen Szenen einzugehen und deren Ideologien voneinander zu unterscheiden. Auch mehr visuelle Eindrücke von der damaligen Underground-Clubszene, den Konzerten und Aktionen hätten dem Film gut getan. Der Interview-Anteil überwiegt doch etwas zu stark, um echte Kinotauglichkeit zu erreichen.

Dennoch ist BESSER ANDERS eine informative Doku über das „andere“ Leipzig, welche den Spirit dieser spannenden Zeit leider nicht gänzlich zu vermitteln schafft.

D 2011, 85 min
FSK 0
Verleih: Eigenverleih

Genre: Dokumentation

Darsteller: Ralf Donis, Volly Tanner, Renft, Die Art, L’Attentat, Wutanfall

Regie: Doris Schneider, Sebastian Hirsch

Kinostart: 15.09.11

[ Paul Salisbury ] Paul mag vor allem Filme, die von einem Genre ausgehen und bei etwas Neuem ankommen. Dabei steht er vor allem auf Gangsterfilme, Western, Satire und Thriller, gern aus der Hand von Billy Wilder, Sam Peckinpah, Steven Soderbergh, Jim Jarmusch, den Coen-Brüdern oder Paul Thomas Anderson. Zu Pauls All-Time-Favs gehören DIE GLORREICHEN SIEBEN, TAXI DRIVER, ASPHALT COWBOY, SUNSET BOULEVARD, POINT BLANK ...