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Bin ich sexy?

Model sein ist nicht alles

In den Augen ihrer Mutter ist Maraike ein Biest. Sie tyrannisiert ihre kleine Schwester, die am liebsten im Garten mit den Hühnern spielt, indem sie ihr Hähnchenkochrezepte vorliest, und ihren kleinen Bruder, indem sie behauptet, aus dem Klo kämen gefährliche Schlangen. Sie interessiert sich nur für ihre Schönheit und ihre Modelkarriere. Dabei erlebt sie eine Enttäuschung nach der anderen. Die pummelige 15jährige kann sich noch so raffinierte Frisuren stecken und sich in noch so enge Kleider zwängen: Sie wird kein Aschenputtel, und niemand erhört sie. Doch Maraike gibt nicht auf. Dickköpfig und scheinbar selbstbewußt verfolgt sie ihr Ziel, nach dem Motto: Warum soll ich erst Miss Baden werden, wenn ich gleich Miss Baden-Württemberg werden kann?

Innerlich ist sie zerbrechlich, fühlt sich ungeliebt, und der Tod ihres Stiefvaters macht ihr mehr zu schaffen, als ihre Mutter glaubt. Die kämpft noch mit sich selbst, als sie sich in einen Kollegen verliebt. Nur langsam findet eine Annäherung zwischen Mutter und Tochter statt. Doch dann fallen Maraikes Haare aus, und die Katastrophe ist komplett.

Die kleine und sympathische Tragikomödie greift mit dem Schlankheits- und Jugendwahn ein im Film unterbelichtetes Zeitthema auf. Maraike kann ihr Selbstwertgefühl nur über ihr äußeres Erscheinungsbild ableiten und muß damit scheitern. Doch sie lernt schließlich auch, damit umzugehen. Ein positives Signal für alle, die sich nicht nur als Träger von billigen Markenartikeln sehen wollen. Sex-Appeal und Schönheit sind eben relativ. Und echte Frauen haben nicht nur Kurven, sondern unter Umständen auch Glatze.

Die Suche nach dem perfekten Spiegelbild ist für Maraike aber vor allem auch Kompensation für Probleme innerhalb der Familie, deren Charakterisierung viel Platz gewidmet wird. Im Zentrum steht der Mutter-Tochter-Konflikt, und der wird nach ein paar hölzernen Stolperschritten zu Beginn sehr einfühlsam und glaubwürdig geschildert in einer schönen Mischung aus Leichtigkeit und Ernst und mit gefühlsechten Szenen zum Schluß.

D 2004, 89 min
Verleih: Arsenal

Genre: Erwachsenwerden, Drama, Komödie

Darsteller: Marie-Luise Schramm, Birge Schade, Andreas Schmidt

Regie: Katinka Feistl

Kinostart: 07.07.05

[ Lars Meyer ] Im Zweifelsfall mag Lars lieber alte Filme. Seine persönlichen Klassiker: Filme von Jean-Luc Godard, Francois Truffaut, Woody Allen, Billy Wilder, Buster Keaton, Sergio Leone und diverse Western. Und zu den „Neuen“ gehören Filme von Kim Ki-Duk, Paul Thomas Anderson, Laurent Cantet, Ulrich Seidl, überhaupt Österreichisches und Skandinavisches, außerdem Dokfilme, die mit Bildern arbeiten statt mit Kommentaren. Filme zwischen den Genres. Und ganz viel mehr ...